von Stefan Katzenbach

Kristof Magnusson gibt in seinem Roman Ein Mann der Kunst (Verlag Antje Kunstmann) literarische Einblicke in den Kunstbetrieb und lässt dabei fiktive auf reale Welten prallen. Wesentlich ist dabei der Perspektivwechsel, den Kunst ermöglicht.

Die Begegnung von realer und fiktiver Welt

Worum es ihm in seinem Buch geht, das macht Kristof Magnusson gleich zu Beginn deutlich: „Ein Buch zu schreiben über Kunstfans, über Leute, die sich für Kunst und Kultur interessieren und was das für unsere Gesellschaft bedeuten kann“, sei die Idee hinter dem Roman gewesen, sagte er auf der ARD Buchmessenbühne im Rahmen der Veranstaltung „Ein Mann der Kunst“ Autor Kristof Magnusson im Gespräch am 15. Oktober 2020 während der Frankfurter Buchmesse 2020. Einer der zentralen Figuren ist dabei KD Pratz, ein berühmter und erfolgreicher Maler, der in selbstgewählter Isolation auf seiner Burg am Rhein lebt. Dieser stehe, so Magnusson „für einen gewissen Typus des intellektuellen, zumeist schon etwas gealterten, männlichen Künstlers, der vom Selbstverständnis her seine Intellektualität dadurch unter Beweis stellt, dass er alles schlimm findet.“ So sei Pratz dadurch bekannt, „immer noch ein Problem mehr zu sehen als alle anderen“ und trauere vergangenen Zeiten hinterher. Pratz Isolation endet allerdings unfreiwillig, als er Besucher:innen des örtlichen Fördervereins auf seiner Burg empfangen muss. Das ist Teil einer Abmachung, die ihm verspricht, seine Werke in einem eigens für ihn gebauten Museum auszustellen. Im Gegenzug soll er nun sein Allerheiligstes zur Schau stellen, nicht nur die Burg, sondern auch sein Atelier. In diesem Konflikt begegnen sich reale und fiktive Welt. Das ist für Magnusson das Kernprinzip seines Romans, in dem immer wieder Referenzen auf reale Künstler:innenpersönlichkeiten wie etwa Marina Abramovich oder Georg Baselitz zu finden sind. Diese Arbeitsweise liege nahe, so Magnusson, „wenn man schon einen Roman schreibt über Kunst, eine gemachte Welt, die dann auf eine wirkliche Welt prallt“. „Es gibt diesen Künstler, der hat sich seit zwanzig Jahren isoliert, der ist berühmt für seine Weltabkehr, die muss er nun aufgeben, um seinen Ruhm zu mehren – dieses Dilemma habe ich versucht auf verschiedenen Ebenen abzubilden.“

Perspektive auf Künstler:innen und Kunstinteressierte

Die Perspektive ist allerdings nicht nur auf die Künstler:innen selbst beschränkt. Der Roman beleuchtet auch die Sichtweise der Kunstinteressierten, diese Dualität sei dem Autor wichtig gewesen, wie er betonte: „Es gibt auf der einen Seite diese Künstler, die ja auch wirklich extreme Darstellungen von Gewalt zeigen. Dann auf der anderen Seite dieses gediegene Publikum. Diese beiden Welten aufeinanderprallen zu lassen war mir wichtig.“ So solle der Roman „keine Anklageschrift gegen weiße alte Männer“ und auch keine „Denunziation“ von Kunstinteressierten sein, sondern es gehe darum, „zu sehen, was das für eine wunderbare Sache ist, dass es eben so viele Leute gibt, die sich von dieser Kunstart herausfordern lassen und neu denken wollen“. Neu denken, das ist für Magnusson wesentlich, auch in seiner Arbeit als Übersetzer und für ihn ein wesentliches Merkmal der Literatur: „Das Zentrale für mich an Literatur ist diese Fähigkeit zum Perspektivwechsel. Das wir so einfach in andere Menschen reinkommen können und dadurch auch einfach die Möglichkeit haben im Leben Dinge aus anderen Perspektiven zu betrachten.“ Beschränkt auf Literatur ist diese Fähigkeit für ihn allerdings nicht: „Diese Formen des gedanklichen Tapetenwechsels sind für mich in allen Kunstformen zentral“, macht er klar.