Mit einem Durchlauf von 19.500 Besucher*innen fand in Berlin die dreitägige re:publica und MEDIA CONVENTION in der STATION Berlin statt und brachte wieder Wissenschaftler*innen, Medienprofis und User*innen zusammen.
Auf der wohl bisher politischsten re:publica unter dem Motto POP diskutierten hochkarätige Speaker*innen POPuläre Medienphänomene im Digitalen: Was bewirken die Wechselwirkungen zwischen Öffentlichkeit und Internet? Wo finden POPkulturelle Phänomene statt? Was ist ein gutes Internet, wie geht es mit POPulistischen fake news um? Wie begegnen wir der Datenökonomie? Wo liegt in all diesen Fragen die Macht der Masse – der Power Of People, eben der POP?
Längst ist die re:publica kein Ort mehr nur für Blogger. Die digitale Welt und Themen wie Algorithmen, Filterblasen, Big Data, Regulierung, Daten- und Persönlichkeitsschutz in den sozialen Medien, digitale Technologien und Geschäftsmodelle gehen uns alle an und alle sind auf der re:publica eingeladen zu diskutieren.
Journalismus in der digitalen Zukunft und die nahende Datenschutzgrundverordnung
Eine ganze Reihe der diesjährigen Talks hatte auch das Öffentlich-Rechtliche im Fokus, dass den sich im Angesicht des digitalen Zeitalters Stück für Stück neu ordnen muss. Leonhard Dobusch (Mitglied des ZDF-Fernsehrats) stellte in diesem Zusammenhang beispielsweise die Idee der Internetintendanz vor, die neben einer alternativen Vergabe von Beitragsmitteln auch die Kuratierung von Inhalten für die öffentlich-rechtlichen Plattformen und eine grundsätzliche Koordination der Mediatheken übernehmen könnte.
Mit der Frage „Brauchen wir das ZDF noch?“ war die Session der #MCB18, in der ZDF-Intendant Thomas Bellut zur Zukunft des ZDF sprach, provokant formuliert und dementsprechend gut besucht.
Obwohl der Intendant einräumte, dass der Online-Bereich weiterhin stark steigend ist, hält er das lineare Fernsehen weiterhin für vorherrschend.
Im Gegensatz zu den privaten Sendern, sieht er außerdem den Part der Öffentlich-Rechtlichen als Garant für „relevante“ Informationen als eines der wichtigsten Argumente für das Weiterbestehen von ARD, ZDF und Co. Hier schaltete sich dann auch direkt ein Vertreter eines privaten Senders ein und eine kurze Diskussion zur Qualität von Nachrichten und anderen Inhalten entbrannte. Typisch re:publica eben – (fast) alle Seiten sind vertreten und zum Diskutieren bereit. Schön!
Gerade angesichts der nahenden EU-DSGVO war klar, dass das Thema Datenschutz mit einem besonderen Blick auf der #rp18 betrachtet werden würde. Dass Sessions wie „Wie Datenschutzbehörden wirklich ticken“ oder „Update für deine Freiheit“ allerdings auf eher kleinen Bühnen stattfanden und zum Teil schon eine halbe Stunde vor Beginn hoffnungslos überlaufen waren, war dann doch ein bisschen schade.
Neue Blicke auf die Digitalisierung der Buch- und Verlagsbranche
Relativ neu auf der re:publica ist der Einblick ins digitale Publizieren. Zu Gast waren Christiane Frohmann vom Frohmann Verlag, Nikola Richter von mikrotext sowie zugeschaltet aus dem Off Zoë Beck von Cultrebooks. Das unabhängige Verlegen im Digitalen steht vor dem großen Problem keine unabhängige Plattform für digitale Inhalte zu haben. Sie sind gezwungen mit den großen Playern wie Amazon zusammenzuarbeiten und dort bei Schlagworten und Keywords zu tricksen, um bei den Bestsellern zu stehen. Nicola Richter würde es sich anders wünschen aber Fakt ist, dass sie 60 Prozent ihres Umsatzes über Amazon macht.
Brutal empfindet die Internetverlegerin auch, dass eine Rezension in der FAZ ihr keinen Umsatz bringt, ein paar Sterne bei Amazon allerdings einen spürbaren Umsatz.
Wo kann das Internet dann den unabhängigen Digitalverlegerinnen eine Sichtbarkeit und eine Bedeutung schaffen? Richter mutmaßt, dass die Onleihe von Bibliotheken dies bewirken kann oder über bookstagramer. Empfehlungsmarketing funktioniert für Christiane Frohmann am besten. Wenn ein bekannter Bookstagramer ein Bild ihrer Bücher postet, steigt für die Unternehmerin am nächsten Tag der Umsatz. Nicht nur bei den Zwischenbuchhandlungen müssen die Internet-Verlegerinnen Kompromisse eingehen, auch beim Bezahlvorgang gibt es nur große Player und ihre hohen Gebühren und keine unabhängigen Anbieter. In ihren digitalen Möglichkeiten sind die E-Book klassischen Verlagen weit voraus, beim Mehrwertsteuersatz stehen die E-Books mit 19 Prozent dem klassischen Buch mit seinem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent weit zurück. Beck, Frohmann und Richter kämpfen an vielen digitalen Fronten und brauchen auch die Power of People, um Strukturen zu öffnen, kein elitäres Lesen auf einem digitalen Level zu schaffen, sondern freie und faire Zugänglichkeit, die das Netz leistet und für das es steht.
<© Lina Scherpe & Sabrina Pöhlmann, Berlin >