Julia Strysio berichtet aus Kapstadt:
Ich liebe Buchmessen! Jedenfalls solange ich nicht irgendwo zwischen Halle 3 und 8 in Frankfurt mit Koffer, Zeitung, 5 Büchern und 30 Terminen am Tag hin- und herlaufen muss.
Cape Town International Bookfair ist noch so klein, dass man alle Stände spätestens nach drei Stunden einmal gesehen hat. Dafür lernt man natürlich viele neue ausländische Verlage kennen, die den langen Weg nach Frankfurt nicht machen würden. Spannend ist die Messe aber vor allem aufgrund des hervorragenden Begleitprogramms: Von Diskussionen über Digitalisierung, Distribution oder Lesungen geht es vor allem um die Rolle der Verlage im Demokratieprozess, Leben nach der Apartheid, Südafrikas Rolle auf dem Kontinent und in der Welt. Wörter, Texte, Bücher sind Luxus, gleichzeitig aber auch essentiell um das Land nach 1994 aufzubauen. Südafrika übernimmt für den gesamten Kontinent, insbesondere nach der WM, eine Vorbildfunktion. Es ist, als ringe das Land täglich mit neuen westlichen Werten und seinen unzählbaren afrikanischen Traditionen. Was war?, Wo stehen wir?, Wer sind wir? – das sind Fragen, die in der südafrikanischen Literatur immer wieder gestellt werden.
Eine der Veranstaltungen verglich die Umbruchszeit der 90er-Jahre in Deutschland mit dem heutigen Südafrika. Ingo Schulze wurde zu diesem Thema eingeladen, um mit einem afrikanischen Kollegen der Times über Regimewechsel und Umwandlungsprozesse zu diskutieren. Auch wenn sich das Gespräch letztlich um tagespolitische südafrikanische Themen drehte, ein direkter Vergleich auch zweifelhaft erscheint, da die Aufarbeitungsprozesse wohl doch zu unterschiedlich sind, zeigt die Veranstaltung die Weltoffenheit des Landes.
Neue Infos über südafrikanische Literatur & more gibt’s bald wieder.
With warm regards from Cape Town,
Julia Strysio