Ist Social Media ein Thema auf der Buchmesse? Im Mittelpunkt der Frankfurter Buchmesse steht noch immer das gedruckte Buch. Ein Medium, das von einem oder wenigen Autoren geschrieben wird. Ein Medium, das, wenn es erst gedruckt ist, nicht mehr verändert werden kann. Social Media hingegen lebt davon, dass alle Mediennutzer sich einbringen und vorhandene Inhalte kommentieren, verändern oder neue erstellen. Aber ebenso wie Social Media dem gegenseitigen Austausch dient, ist auch die Buchmesse ein Ort der Begegnung und der Kommunikation. Social Media und Buchmesse – passt das also doch zusammen?
Wo könnte eine Recherche zum Thema Social Media besser beginnen als in den sozialen Netzwerken selbst? Auf Twitter und Facebook lassen sich schnell rege Verlage sowie Messeveranstaltungen finden. Ein Beitrag auf Facebook oder eine 140 Zeichen lange Kurznachricht auf Twitter genügen, um Kontakt aufzunehmen und einen Interviewtermin auf der Frankfurter Buchmesse zu vereinbaren.
Große und kleine Verlage im Social Web
Dass es soziale Netzwerke gibt, dürfte inzwischen jedem in der Buchbranche bekannt sein. Viele Verlage haben bereits eine Facebookseite oder sind bei Twitter angemeldet. Der Eichborn Verlag gehört zu den aktivsten Verlagen im Social Web: Twitter, Facebook, eine Social-Media-Lounge und ein Blog werden dort von Pressereferent und Social-Media-Redakteur Dominique Pleimling betreut. Ob ein Verlag im Social Web aktiv ist, hängt jedoch nicht von seiner Größe ab. Auch für Lisette Buchholz, Verlegerin des Persona Verlags, ist Social Media ein Thema. Wenngleich sie sich noch als Einsteigerin sieht, ist auch der Ein-Frau-Verlag für vergessene Texte aus dem deutschen und österreichischen Exil 1933–1945 auf Twitter präsent.
„Social Media ist ein wichtiges Instrument, um in direkten Kontakt mit dem Leser zu treten.“, meint Claudia Feldtenzer, Pressereferentin und Social-Media-Beauftragte der Deutschen Verlags-Anstalt. Dass der Dialog mit dem Leser der wichtigste Grund ist, in sozialen Netzwerken aktiv zu sein, darüber besteht weitgehend Einigkeit. Zusätzlich wird das Social Web, insbesondere Twitter, zur Information über Branchenthemen genutzt.
Wie Verlage Social Media nutzen und sich dort präsentieren, ist allerdings sehr unterschiedlich. Während die einen sich noch herantasten, nutzen andere die ganze Palette an Möglichkeiten vom Gewinnspiel auf Facebook bis zum Video auf Youtube aus. Soziale Netzwerke bieten die große Chance, Verlagen ein Gesicht zu geben und die Menschen hinter den Büchern vorzustellen. Auch Andreas Breitbart, E-Content-Manager bei Knaur E-Books, betont, wie wichtig es sei, persönlich im Social Web aufzutreten. Dazu gehöre auch, Beiträge und Tweets mit dem Kürzel des jeweiligen Verlagsmitarbeiters zu kennzeichnen oder Fotos der Mitarbeiter online zu stellen.
Liveberichte und exklusive Einblicke
Verlage, die Social Media nutzen, sind zur Buchmessezeit besonders aktiv. Da wird über die Anreise getwittert, es werden Fotos gepostet, zum Besuch am Verlagsstand eingeladen und über Lesungen der eigenen Autoren berichtet. Die Aufbauarbeiten des Eichborn Stands wurden sogar per YouTube-Video dokumentiert.
Von einer besonderen Aktion zur Buchmesse erzählt Karin Schmidt-Friedrichs, Verlegerin des Hermann Schmidt Verlags in Mainz. Der Fachverlag für Typografie, Grafikdesign und Kreativität hat seine Fans und Follower ausschließlich über Twitter und Facebook zu einem Buchmessenfinale mit Signierstunde am Sonntag eingeladen.
Neben Verlagen und Messebesuchern mit Smartphones berichtet auch die Buchcommunity Lovelybooks von der Buchmesse. Sowohl das Lovelybooks-Team als auch Blogger und Mitglieder der Community sind dort unterwegs.
Vom Social Web zum Treffpunkt Buchmesse
Mitglieder der Lovelybooks-Community haben auch ein Usertreffen am Messesamstag organisiert. Aber nicht nur die passionierten Leser treffen sich in Frankfurt. 73 Twitterer haben sich über den Kurznachrichtendienst zum „Twittagessen“ verabredet. Knapp 40 davon treffen sich dann tatsächlich am Freitag an der Hotdog-Bude auf der Agora zwischen Halle 3 und 4. Man folgt sich gegenseitig auf Twitter und manche der Teilnehmer haben sich auf anderen Social-Media-Treffen bereits persönlich kennengelernt. Die Party „Hotspotting people in social media“ am Freitagabend und das Social-Media-Treffen am Samstag bieten Buchmenschen auf Facebook, Twitter und Co. weitere Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch.
Vorträge, Diskussionsrunden und zwei Krönungen
Ob Autor, Wissenschafts- oder Hörbuchverlag, das Veranstaltungsprogramm der Frankfurter Buchmesse bietet Interessierten diverse Vorträge und Präsentationen zum Thema Social Media: von „Hege & Pflege von Social Media-Accounts“ über „Sex, Books and Rock’n’Roll – Neue Chancen im Social Web“ bis hin zu den Fragen „Was bringt Social Media wirklich?“ und „Bedrohen Social Networks Wissenschaftsverlage?“.
Die Wahl der Miss und des Mister BookFair darf sich jedoch als die wohl außergewöhnlichste Veranstaltung rühmen. Aus einem kleinen Gedankenspiel auf Twitter wurde ein richtiger Wettbewerb. 35 Kandidaten, denen allen die Beschäftigung mit dem Buch gemein ist, haben sich auf der Facebook-Fanseite beworben. Unter Berücksichtigung der Kommentare und „Gefällt mir“-Klicks auf Facebook hat die Jury am Freitag Miss und Mister BookFair 2010 gekrönt: Wibke Ladwig, BücherFrau, bekennende Twittersüchtige und Inhaberin der Kommunikationswerkstatt Sinn und Verstand, sowie den Open-Source-Software-Tüftler und Antiquar aus Helmbrechts, Philipp Weinbrenner.
Das Thema Social Media begegnet dem Besucher auf der Frankfurter Buchmesse immer wieder. Einige Verlage und Messebesucher sind bereits bestens mit Social Media vertraut. Doch vielfach gibt es noch Unsicherheiten, fehlen noch Strategien im Umgang mit den sozialen Netzwerken. Dabei geht es bei Social Media ebenso wie auf der Buchmesse um den Dialog miteinander.
Dominique Conrad