von Taimi Schalle

Selfpublishing gewinnt auf dem Buchmarkt immer weiter an Bedeutung, wurde aber lange vom traditionellen Verlagswesen ignoriert. Auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse diskutierten Expertinnen über die sich wandelnde Beziehung.

Der stetig wachsende Anteil der durch Selfpublishing verlegten Bücher am Absatz des deutschen Buchmarktes bringt die Frage nach der zukünftigen Ausrichtung der Branche auf. Patricia Gentner sprach mit Cigdem Aker, Leiterin für Strategie und Integration bei tolino, und Vera Nentwick, Autorin und 1. Vorsitzende des Selfpublisher Verbandes, über die Vorteile und Entwicklungen des Selfpublishings sowie die vermittelnde Rolle des Börsenvereins des deutschen Buchhandels.

So erklären die beiden Frauen vom Fach, dass die Nähe zum Leser und die damit einhergehende Spürnase für Trends den Selfpublishern eine besondere Dynamik gibt. Die Freiheit nach dem Trial-and-Error-Prinzip auch unkonventionelle Titel zu verlegen verleiht ihnen zusätzlich eine hohe Agilität. Mit einem Schmunzeln nennt Frau Nentwick beispielsweise den Trend für Thermo-Mix Bücher, der zuerst durch Selfpublishing Zugang zum Markt fand. Durch solche Erfolge hätte der Buchmarkt langsam begonnen Interesse an der zuvor ignorierten Industrie zu entwickeln. Und man könne ja schließlich noch viel voneinander lernen!

Dieser Annäherungsprozess wird von beiden Rednerinnen mit Begeisterung beobachtet, sie merken aber an, dass es wahrscheinlich am Börsenverein des deutschen Buchhandels liegen wird zwischen beiden Parteien zu vermitteln.

Denn es ist unklar, ob und inwieweit sich die Selfpublishing-Vertriebe in Zukunft Verlagsstrukturen anpassen.

Die gemeinsame Zielsetzung sei jedoch klar darauf ausgelegt, die Leser weiterhin zu begeistern und selbständigen Autoren eine Stimme zu geben.

Konkrete Ansätze gibt es zwar noch keine, doch soll es leichter werden im Selfpublishing herausgegebene Bücher für den deutschen Buchhandel zugänglich zu machen und sich so von Internetriesen wie Amazon unabhängiger zu machen. Denn zurzeit können Autoren hier noch am rentabelsten publizieren, weshalb auch das Angebot für Leser dort am größten ist. Der Buchhandel ist von diesem Geschäft völlig ausgegrenzt, was Frau Aker beispielhaft an einem französischen Buch verdeutlicht. Nachdem es einen wichtigen Preis gewann, war das Interesse groß, doch in einem Buchladen zu kaufen gab es den Titel nie.

Während also die Heterogenität und Experimentierfreude der Selfpublishinglandschaft erhalten bleiben soll, muss zukünftig an einer näheren Zusammenarbeit mit dem Buchmarkt gearbeitet werden. Noch geschehe dies nur zu dessen Konditionen, weshalb der Börsenverein als Mediator vorstellbar wäre. Es ist eine spannende Zeit, in der sich viele Veränderungen abzeichnen und an neuen Infrastrukturen sowohl für Autoren als auch Leser gearbeitet wird.