Ein Workshop-Bericht von Vanessa Knauer im Rahmen des JVM-Jahrestreffens 2022

Anlässlich des JVM Jahrestreffens 2022 laden Tobias Schott und Amelie Laufer zum Werkstattgespräch ein, moderiert von Börsenblatt Redakteur Kai-Uwe Vogt. Sie berichten davon, wie sie ihr Eventmanagement im Zuge der Pandemie kurzerhand zum Marketingmanagement ausgebaut haben. Der Titel ihres Workshops ist auch Programm, denn direkt zu Beginn stellen die beiden klar, wie sie sich den Ablauf vorstellen. Es soll kein Vortrag werden, sondern ein Gespräch auf Augenhöhe, dass mit allen und jedem Einzelnen geführt wird – Fragen sind ausdrücklich erwünscht.

Nach einer kurzen Einführung durch Moderator Kai beginnen Tobias und Amelie von ihrem Werdegang zu erzählen. Die beiden sind Geschäftsführer:innen der Eventwerk Rodgau GmbH und haben bis 2020 hauptsächlich Hochzeiten und Messen organisiert. Als mit Einbruch der Pandemie fast alle Aufträge wegbrechen und ihr Geschäftsmodell quasi über Nacht zerstört wird, entscheiden sich die beiden kurzerhand Racoon Media, ein Digital-Coaching-Unternehmen, zu gründen. Die Idee dafür hatten sie schon länger in der Schublade, doch erst durch die Pandemie setzten sie diese auch in die Tat um – mit großem Erfolg. Denn nicht nur ihr Eventunternehmen konnte nicht länger so funktionieren, wie gewohnt, auch andere Unternehmen mussten umsatteln und benötigten ihre Unterstützung, um online Fuß zu fassen.

Was sich anhört wie Glück im Unglück, war für die beiden harte Arbeit über viele Jahre hinweg. Tobias und Amelie lernten sich 2016 bei einem Eventmanagementkurs in Hannover kennen. Beide sind ehrgeizig und brennen leidenschaftlich für ihr Unternehmen, der Erfolg hält sie nicht davon ab sich stetig weiter- und fortbilden zu lassen. Dadurch ist der Umschwung zu Racoon Media gut vorbereitet, dennoch verlangt er ihnen alles ab und sie entwickeln, wie sie es selbst bezeichnen, „Waschbäraugen“ (engl. „racoon“), welche schließlich auch namensgebend sind für ihre Firmenerweiterung.  Ihnen ist klar, dass sie noch lange nicht am Ende sind mit ihrer Entwicklung und gerade diese Bereitschaft, nie still zu stehen, ist kennzeichnend für ihren Erfolg. „Eine Firma ist nie statisch, sie lebt davon, dass man auf neue Ideen eingeht und sich verändert, sie lebt von ihren Mitarbeitern und dem Wandel.“, sagt Tobias.

Dann stellt mitten im Gespräch ein Verlagsmensch genau die Frage, die ich mir auch schon gestellt hatte: „Was hat das denn alles mit der Verlagswelt zu tun? Wie können wir eure Erfahrungen anwenden?“

Für Tobias und Amelie liegt die Antwort auf der Hand. Die Fragen, die sie sich bei all ihren Aufträgen und Kund:innen stellen und die sie zum Erfolg geführt haben, müssen wir uns genauso auch im Verlagswesen stellen: Was sind die Kontaktpunkte zwischen Kund:in und Produkt? Wie komme ich zum Abschluss eines Verkaufs? Was ist das überhaupt für ein Produkt und wer soll es kaufen? Und über den Verkauf des einzelnen Produktes hinaus, muss auch immer an den Anschluss weiterer Verkäufe gedacht und viele weitere Fragen gestellt werden.

Tobias bringt in Kürze sein eigenes Buch auf den Markt und befindet sich zurzeit in den letzten Schritten vor Veröffentlichung. Genauso wie mit seinen Geschäftstätigkeiten, „rollt er sein Buch zunächst von hinten auf“, das heißt, zuerst stellt er sich die Fragen, deren Beantwortung ihm letzten Endes dabei hilft, das Buch zu verkaufen. Erst im Anschluss daran beginnt die eigentliche Arbeit am Buch.

Für mich als Germanistikstudentin klingt das alles doch sehr pragmatisch. Sollte die Arbeit am Buch nicht vor allen Dingen kreativ sein? Sind Bücher nicht besser, wenn sie das Ergebnis kreativer Verausgabung sind? Mir ist klar, dass ich durch die unerfahrene und rosarote Brille einer literaturbegeisterten Studentin schaue, und dennoch regen sich in mir Zweifel, inwiefern sich Tobias‘ und Amelies Geschäftsphilosophie auf die Bücherbranche übertragen lässt. Die rege Diskussion ist nach eineinhalb Stunden schnell vorbei und mir bleibt leider keine Zeit, meine Zweifel zu äußern. Womit sie auf jeden Fall Recht haben: die Bücherbranche muss weiterdenken, um erfolgreich zu bleiben, und im Endeffekt sind Verlage auch Wirtschaftsunternehmen.


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