von Tobias Mohr

Porträt eines noch relativ unbekannten Krimi-Autor

Manchmal sind es angesichts der vielen Veranstaltungen und großen Menge an Stars gerade die unbekannten Lebensgeschichten, die bei so einer riesigen Buchmesse untergehen, und dennoch besonders den Wandel des Buchmarkts in den letzten Jahren repräsentieren. Der Krimi- und Kurzgeschichten-Autor Frank Huhnhäuser, der 1960 in Berlin geboren wurde und mit seiner Frau in der Südpfalz lebt, hat eine solche Lebensgeschichte zu bieten. Ohne seinen ungebrochenen Ehrgeiz und ohne die vielfältigen Möglichkeiten des Internets hätte er seine Geschichten wohl nie veröffentlichen können. Aber alles der Reihe nach.

Frank Huhnhäuser © Sylvia Huhnhäuser

Frank Huhnhäuser © Sylvia Huhnhäuser

Es ist bereits Nachmittag und der Messe-Samstag fast vorüber, als ich einen sympathischen, gut gelaunten Frank Huhnhäuser gemeinsam mit seiner Frau Sylvia im Azubistro treffe. Eine meiner ersten Fragen lautet, ob es denn der erste Besuch einer Buchmesse für ihn sei. Tatsächlich besuchte er vor der Frankfurter Buchmesse bisher nur die beschauliche saarländische Buchmesse mit Namen ‚Die HomBuch‘, die jährlich in Homburg stattfindet. Dass er das erste Mal auf einer großen Messe sei, liege vor allem an seinen überschaubaren körperlichen Kräften. Denn seit dem zwölften Lebensjahr leidet er unter Morbus Crohn, einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (siehe Info-Links am Ende des Artikels). Diese hatte zur Folge, dass er ab 1990 seinen gelernten Beruf als KFZ-Schlosser und Industriemeister nicht mehr ausüben konnte. Der Frührentner, der seit seiner frühen Kindheit ein passionierter Vielleser ist, begann schließlich ab 2001 hobbymäßig selbst zu schreiben. Er schrieb einen Polizeikrimi namens ‚Moralische Motive‘, dessen Rohentwurf, das erste Kapitel, er damals auf einer Webseite online stellte. Daraufhin bot ihm die Kölner Bahnhofszeitung an, den fertiggestellten Krimi als Fortsetzungsgeschichte abzudrucken. Diesem geplanten Vorhaben kam aber ein erneuter jahrelanger Krankheitsschub dazwischen, weswegen der Krimi seinen Platz in einer Schublade fand.

Der zweite Anlauf als Autor

13 Jahre später, 2014: Dem Hobby-Autor geht es nach Anlage eines künstlichen Darmausganges, auch Stoma genannt, besser. Die unheilbare Krankheit ist damit nicht überwunden, aber seine Lebensqualität ist nun deutlich besser als zuvor – und selbstverständlich hat er in den vergangenen Jahren seine Liebe zum Schreiben nicht verloren. Darum beschließt er mit seiner Kurzgeschichte ‚Fundamente‘ beim Schreibwettbewerb ‚Irgendwas bleibt‘ der bereits genannten ‚HomBuch‘ teilzunehmen. Seine Geschichte zählt zu den Gewinnern und daher wird sie in einer Anthologie zur Messe 2015 veröffentlicht. „Damit habe alles angefangen.“

Über Facebook entdeckt er ein wenig später den neu gegründeten Wiener Karina-Verlag, dem er sogleich eine weitere Krimi-Kurzgeschichte schickt. Die Verlegerin ist sofort von dieser begeistert und lässt diese als Teil einer Anthologie veröffentlichen. Eine der ersten Fragen der Verlegerin war gleich, „ob noch mehr vorhanden sei“, wie Huhnhäuser bescheiden, aber gleichzeitig ein wenig stolz berichtet. Also schickte er ihr das Exposé des vor Jahren geschriebenen Krimis. Schnell war der Verlegerin dann wohl klar, dass dieser Krimi Potential habe und unbedingt erscheinen müsse. Dass er sich auch im Fall des Krimis für die Veröffentlichung im Karina-Verlag entschied, lag mitunter daran, dass ein Teil des Erlöses an soziale Einrichtungen gespendet wird.

Doch nun waren 13 Jahre vergangen, in denen der Krimi unangetastet auf dem Rechner verblieb. Für den Perfektionisten war schnell klar, dass er ein paar inhaltliche Elemente der heutigen Zeit anpassen müsse. Dazu gehörten vor allem technische Begebenheiten: In der ursprünglichen Fassung konnten einige der ermittelnden Polizisten zum Beispiel noch nicht mit einer gebrannten DVD umgehen und diese ohne Hilfe abspielen …

Der Krimi, veröffentlicht am 3. Juli, spielt in einem Ort in Massachusetts. Über allseits bekannte Kartendienste aus dem Internet suchte er sich eine Stadt aus. Er schaute sich damit die örtlichen Begebenheiten an und forschte im Internet nach weiteren Informationen. Aus datenschutzrechtlichten Gründen benannte er die Stadt um. Da er selbst noch nicht vor Ort und überhaupt noch nie in den USA war – sein bisher unerfüllter Wunsch ist eine Reise in den Nordosten –, wäre beim Schreibprozess natürlich auch viel Phantasie beim Entwerfen der Welt notwendig gewesen. Seine Liebe zu der Region begründet er mit dem Interesse an Büchern und Filmen, die dort spielen. Aus diesem Grund seien ihm die örtlichen Gepflogenheiten auch nicht unbekannt. Er wolle seinen Lieblingsautoren Ed McBain, Cody McFadyen und Stephen King keinesfalls nacheifern, sie seien nicht seine Vorbilder, und dennoch haben sie ihn inspiriert. Allerdings habe er kein Psychogramm, sondern einen Krimi über die Polizeiarbeit geschrieben.

Der Besuch der Frankfurter Buchmesse

Ein großes Highlight beim Besuch der Frankfurter Buchmesse war für ihn, den Comedian Mike Krüger und vor allem mit Mario Adorf „einen der besten deutschen Schauspieler“ gesehen zu haben. Doch der eigentliche Anlass des Besuches war ein anderer: Auf der Buchmesse traf er sich privat mit acht weiteren Autoren der ‚Flügel-Trilogie‘. Bei diesem Projekt sind 60 deutschsprachige Autoren beteiligt, die weltweit leben. Jeder einzelne Schriftsteller trug zu einem Kapitel in den ersten beiden bereits veröffentlichten Bänden des Krimis bei. Im dritten Band, der momentan entsteht, hat ein ausgewählter Teil der Autorenschaft die Möglichkeit, noch ein zweites Kapitel zur Fortsetzungsgeschichte beizutragen. Er gehört dazu. Auf Nachfrage bestätigt er, dass die entstehende Geschichte natürlich viele unerwartete Wendungen und erkennbare Stilwechsel habe. Aber in dem selbst für die anderen Autoren Unbekannten liege der besondere Reiz des Ganzen. Denn eben niemand wisse, wie die Handlung letztlich verlaufe. Das Treffen mit den Mitautoren, die sich bisher untereinander nur über eine Facebook-Gruppe des Verlags kannten, empfand er als sehr interessant und angenehm. Es habe keine Anlaufschwierigkeiten gegeben. Obgleich er nach diesem anstrengenden Tag ganz schön erschöpft sei, habe es sich in mehrfacher Hinsicht gelohnt, mal auf die Buchmesse zu kommen. Für die Zukunft plant er eine Fortsetzung des Krimis und eine Autobiografie zu schreiben, in der er vor allem über sein Leben mit seiner Krankheit Morbus Crohn erzählen möchte.

Werbung betreibt Huhnhäuser hauptsächlich selbst über seine Facebook-Autoren-Seite und bei lokalen Buchhändlern. Für das nächste Jahr sind auch Lesungen in seiner Heimat angedacht, deren Stattfinden abhängig von seinem Gesundheitszustand sind. Dafür wünsche ich ihm abschließend alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Klappentext – ‚Moralische Motive‘:

In der Kleinstadt Brookfield ermordet ein Profikiller die Hausfrau Hannah Elroy. Fast gleichzeitig wird die geschändete Leiche von Freddy Grey gefunden.

Detective David Soames und sein Team stehen vor mehreren Rätseln. Worin liegt das Motiv für den Mord an Hannah? Wer hat Freddy Grey ermordet und dermaßen verstümmelt, und was bedeutet der Bibelspruch, der ihm an die Brust getackert wurde? Hängen die beiden Fälle zusammen?

Eine Jagd durch die Abgründe der menschlichen Seele vor dem Hintergrund des Indian Summer in Massachusetts beginnt.

Weitere Informationen zum Autor finden Sie hier:

https://frankhuhnhaeuser.jimdo.com/

https://www.facebook.com/autor.frank/

Infos über die Themen Morbus Crohn und Stoma:

https://www.abbvie.de/therapiebereiche/darmerkrankungen.html

https://www.leben-mit-ced.de/informieren/informationen-fuer-das-umfeld/ced-kurz-gefasst.html
https://darmlifestyle.de/beuteltiere/100-tage-100-momente/
https://www.stoma-welt.de/leben-mit-stoma/