In einer Welt von Hate-Speech, Meinungsmache und offener Diskriminierung im Internet, wo liegt da die Verantwortung der Autoren? Und wo nicht? Wie platzieren wir als Autoren unsere Meinung in der Welt? Wie gehen wir mit offen an uns herangetragenen Hass um?
All diesen und noch vielen Fragen mehr stellte sich die Podiumsdiskussion „Meinungsfreiheit und Meinungsverantwortung von Autoren im digitalen Zeitalter“ unter der Leitung der PEN-Beirätin Nina George.

Zu Beginn der Diskussionsrunde sprach Nina George mit der Schriftstellerin Zoë Beck über die Vor- und Nachteile des immer präsenter werdenden Selfpublishing. Welchen Weg man nun als Autor geht, sei eine ganz individuelle Entscheidung. Der Anwalt Tobias Kiwitt vom Bundesverband Junger Autorinnen und Autoren rät jedoch zum klassischen Weg der Veröffentlichung über den Verlag. Zumal hier Transparenz vor allem im Honorarbereich herrsche. Die „Knebelverträge“ der größten E-Book Publisher auf dem Markt sind oft ein Hindernis, da sie lange Kündigungsfristen haben oder im Falle eines Falles Gerichtsverfahren sehr komplex und teuer werden können, da der Gerichtsstand nicht in Deutschland liegt.

Ganz anders sieht es in Ländern wie der Türkei beispielsweise aus. Hier ist das Selfpublishing oft nur der einzige Weg für unterdrückte Autoren sich Gehör zu verschaffen. So wird das Selfpublishing zum Instrument der Notwehr und oft letzte Möglichkeit in einer ausweglosen Situation.

Ein weiterer Punkt des Gespräches ist das Thema Zensur. In der Türkei werden die Facebook- und Twitterprofile aktiv durch den Staatsanwalt überprüft, zensiert und Verfahren gegen Autoren aufgrund von „falschen Likes“ oder nicht staatstreuen Retweets begonnen. Das Internet ist eine Welt, die alle Möglichkeiten des Fortschritts bereithält, aber auch alle um diesen Fortschritt wieder zu Nichte zu machen. Es ist furchtbar schwer die Wahrheit zu sagen, so Imre Török, Vorsitzender des Schriftstellerverbandes, wenn sofort Verdreher derselben aus allen Winkeln kommen.

Auch Zoë Beck hat als schreibende Frau viel Erfahrung mit Hate-Speech, offener Diskriminierung und Erniedrigung im Internet gemacht. Eine Strafverfolgung der Kommentarschreiber ist oft nicht möglich, da die Entschlüsselungen der Pseudonyme lange dauert und oft nur schwer möglich ist. Ihr Rat und Wunsch an alle User ist daher, den Personen, gegen die der Hass gerichtet ist, beizustehen und nicht wegzuschauen. In ihren Augen ist der offene Hass im Internet im Laufe der letzten Jahre wesentlich organisierter geworden.

Der Fokus der Veranstaltung sollte dann abschließend auf das Thema Anonymität und Meinungsverantwortung gelenkt werden. Wie passt das zusammen, dass auf der einen Seite in der schützenden Anonymität des Internets jeder verbreiten kann, was er möchte, aber auf der anderen Seite man doch mit seinem Namen für seine Meinung stehen sollte? Die Antwort auf diese Frage ist schwierig, denn im Internet sollte zwar derselbe Rechtsverkehr herrschen wie auch in der „normalen Welt“, jedoch sind Unterlassungsklagen, wie schon erwähnt, in der Realität schwer umzusetzen, da man die Täter nur unter größtem Aufwand findet.

Abschließend hält Nina George ein mitreißendes Plädoyer für mehr Bewusstsein für die Reichweite, die man als Autor hat und für die damit einhergehende Verantwortung. Der Hass darf keine Norm werden. Wir sind die Chronisten unserer Zeit, so wie wir die Welt beschreiben, wird sie gesehen. Also soll das mit Verantwortung und Respekt einander und der Welt gegenüber geschehen.

 

Von Katharina Muschiol