Zu diesem Thema stellte der Lingen Verlag  am Samstag der Frankfurter Buchmesse seine crossmediale Buchreihe „Die Bloggerbande“ vor und regte damit zum Gespräch über die mediale Umstrukturierung des Lesens an. An der Diskussion beteiligten sich neben Geschäftsführer Werner Schulte auch Dr. Sigrid Fahrer (Stiftung Lesen), Helga Kleinen (Vorstandsvorsitzende des Seitenstark e.V.), Jochen Grieving (transfer. bücher und medien und Sprecher der IG Digital des BOEV) und Farina Lappeneit (transfer.  bücher und medien).  

„Gucken die Kinder heutzutage wirklich nur noch Youtube und zocken?“, startete Moderatorin Carolin Martens provokant. Die Antwort darauf ist ein klares „Nein“. Zwar gäbe es diese anderen Sachen auch, räumt Dr. Fahrer ein, trotzdem sei die Zahl der lesenden Kinder mit etwa 40% seit 1989 stabil.  Um diese „anderen Sachen“  besser einordnen zu können, erkennt Jochen Grieving den Kunden als Kompetenzpartner für die kulturelle Alltagserfahrung an und stellt als zentrale Frage heraus, welche mediale Haltung hier besteht. Grieving stellt darüber hinaus klar, dass Kinder und Jugendliche, die oft pauschal einer digitalisierten Generation zugeschrieben werden, häufig vom digitalen Input überfordert sind. Hier gäbe es insoweit einen Zusammenhang, als dass Kinder, die schlechter lesen können, häufig auch rudimentäre Aufnahmeproblematiken aufweisen, fügt Dr. Fahrer hinzu. Wie kann also jedes Kind dort abgeholt werden, wo es in seinem kulturellen Prozess steht?

Eine Möglichkeit, Literatur oder zumindest das geschriebene Wort an die junge Leserschaft heranzutragen, bietet das World Wide Web. Um den Content, der hier häufig ungefiltert zirkuliert, einzuordnen, setzt sich Seitenstark e.V. für die Partizipation von Kindern im Internet ein und prüft dafür Seiten auf kindgerechten Content. Inzwischen sind auf der Plattform 66 Seiten gelistet, unter anderem auch die interaktive Plattform der Bloggerbande. Hier können die Kinder mit ihren fiktiven Helden in Kontakt treten und durchbrechen in der crossmedialen Nutzung die Grenzen der Buchdeckel. Wichtig ist, wie bei allen anderen von Seitenstark e.V. gelisteten Seiten, der geschützte Raum, in dem die Kinder lernen mit den Vorteilen und Risiken des Internets umzugehen und zugleich ihren Anspruch auf Informationen geltend zu machen. Wie diese Seiten trotzdem auch als Werbeplattformen dienen können, ist umstritten. Einerseits sollen Kinder einen werbefreien Raum haben, andererseits müssen die Seitenbetreiber Umsätze generieren, die den Erhalt der Seite sichern. Den richtigen Umgang mit den medialen Gegebenheiten sollen Buchprojekte wie „Die Bloggerbande“ vermitteln. Zugleich verhandelt die Reihe traditionelle Erzählkonzepte mit Krimi- und Comicelementen.

In der Diskussion wird zudem deutlich, dass der ungezwungene  Einstieg der Kinder in das Lesen – abseits von Zwang und Notendruck in der Schule – entscheidend sein kann. Grieving sieht das Potential darin, den Kinder zu zeigen, dass ihnen Bücher den Zugang zu neuen Inhalten eröffnen können. Die kontroverse Diskussion macht hierbei klar, dass sich die Branche im transmedialen Arbeiten in einem experimentellen Feld bewegt. Welche wünschenswerte Entwicklung dieses Feld in den nächsten fünf Jahren durchlaufen soll, bildet Martens abschließende Frage. Grieving plädiert für eine weniger präsente Verwendung des Begriffs ˏdigital´ und möchte stattdessen den Inhalt und die Rezeption wieder in den Fokus stellen. Zudem solle die Branche in der digitalen Entwicklung weniger Druck aufbauen. Dr. Fahrer wünscht sich zukünftig spannende Grenzgänger und entspricht damit auch der Idee von Farina Lappeneit, die sich eine digitale Idee wünscht, die den Durchbruch im Markt schafft. Gleichzeitig sollen Printmedien und digitale Medien nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden. Kleinen wiederum verweist auf das Alleinstellungsmerkmal der Internetseiten als Partizipationsmöglichkeit für Kinder und möchte, dass dieses anerkannt wird. Zuletzt verweist Schulte auf die Pflicht der Eltern zur Weitergabe von Kulturtechniken, da das Vorlesen essentiell für das Leseverhalten von Kindern sei.

 

Charlotte Hütten