Von Stefan Katzenbach

Auf der Leipziger Buchmesse werden jedes Jahr die Neuerscheinungen des Frühjahrs präsentiert.
Doch was macht sie aus? Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse diskutierten Raphael Richter (Projektmanager Leipziger Buchmesse), Ruby Braun (Autorin, Verlag Forever) und Melina Kochan (Online-Managerin Ullstein Buchverlage) über die Messe als Vernetzungsort, die Verbindung von Schriftsteller:innen, Verlagen und Blogger:innen und den Schreibprozess eines Romans.

Für Melina Kochan, sind Besuche auf der Leipziger Buchmesse etwas Besonderes: Die Messe sei wie „eine große Familie“, so Kochan. „Man trifft dort andere Leser:innen und Schriftsteller:innen, außerdem ergeben sich dort viele Kontakte. Es wird von Jahr zu Jahr besser.“

Kochan besuchte die Messe zunächst nur privat und als Buchbloggerin, mittlerweile ist sie beruflich auf den Branchentreffen in Leipzig und Frankfurt unterwegs und arbeitet seit 2023 als Online-Managerin bei den Ullstein Buchverlagen.
Die besondere Atmosphäre der Leipziger Buchmesse kennt auch Moderator Raphael Richter sehr gut, er arbeitet dort als Projektmanager. Für ihn ist vor allem der Start des Leipziger Büchertreffens immer wieder bewegend: „Auf der Messe wird das digitale physisch, wir planen das ganze Jahr und dann entlädt sich alles an einem Wochenende, die Leute fluten die Messe und haben große Erwartungen“, gab er einen Einblick in die Arbeitsprozesse.

Blogger:innen als „Katalysatoren“ der Branche

Auch für Ruby Braun, Schriftstellerin beim Verlag Forever, einem Ullstein-Imprint, war der Start der Leipziger Buchmesse im Frühjahr 2024 ein emotionales Highlight. Dort stellte sie nämlich ihren Roman „Vengeance“ erstmals ihren Leser:innen persönlich vor. Vorher habe sie zu diesen nur online Kontakt gehabt: „Das Signieren, der erste Kontakt zu den Leser:innen“ und generell „Leuten zu begegnen, die das Buch gerne mochten“ sei deswegen „ein besonderer Moment“ gewesen.

Zu den Leser:innen des Braunschen Romans gehören auch Blogger:innen, die auf ihren Social Media-Kanälen und Blogs Bücher besprechen. Längst sind diese auch fester Bestandteil der Messen in Frankfurt und Leipzig. Für Verlage sind sie mittlerweile zur Verbreitung der Bücher relevant: „Buchblogger sind im Bereich New Adult besonders wichtig, wir greifen gerne auf sie zurück, sie machen das gut“, so Melina Kochan über die Bewerbung der Bücher durch die Bloger:innen, die durch die Bereitstellung von Rezensionsexemplaren auch von den Verlagen profitierten: „Wir finden es schön, ihnen etwas zurückzugeben.“

Allerdings gibt es nicht für jeden, der anfragt, Bücher: „Wir haben eine Reichweitenbeschränkung und schauen, ob auf den Profilen und Blogs sinnvoller Content erscheint.“ So müsse regelmäßig eine Rezension erscheinen und die Accounts eine bestimme Anzahl an Follower:innen haben, nennt Kochan die Kriterien für die Zusendung von Rezensionsexemplaren.

Die Rolle von Blogger:innen für den Bucherfolg im Literaturbetrieb kennt auch Ruby Braun: „Blogger sind Katalysatoren“, so die junge Schriftstellerin.

Der Schriftsteller:innenberuf wird öffentlicher

Der Schriftsteller:innenberuf ist durch die Präsenz auf Social Media, Signierstunden und private Unterhaltungen mit den Leser:innen mittlerweile anders als früher, wie Raphael Richter betonte:  „Früher war der Autor mystisch, wurde als Schreibender im stillen Kämmerlein wahrgenommen. Jetzt ist es grenzüberschreitender und es gibt Einblicke in den Schreibprozess.“ Aber welche persönlichen Einblicke und Kontakte dürfe man zulassen und welche nicht, und zu welchem Zeitpunkt?

„Man muss genau timen, wann man Kontakt zur Öffentlichkeit hat, um nicht aus dem Schreibprozess zu geraten“, so Ruby Braun. In der Entstehungsphase von „Vengeance“ habe sie beispielsweise 14 Tage überhaupt keinen Kontakt zu ihren Leser:innen gehabt, weder online noch offline. „Ich musste den Schreibprozess beschützen“, so die Schriftstellerin. Feedback sei dann sinnvoll, wenn es gut begründet sei und inhaltliche Aspekte des Romans betreffe, als „subjektives Geschmacksurteil“ hingegen nicht. „Dafür bin ich nicht die Adressatin“, stellte sie klar.

Onlinepräsenz wird für Schriftsteller:innen immer wichtiger

In der Bloggerszene herrsche Konsens, dass Rezensionen hauptsächlich für die Community und nicht als Verkaufsempfehlung geschrieben würden, so Richter. „Ist es für Schriftsteller:innen aber trotzdem notwendig online präsent zu sein?“, wollte er wissen.

„Ich habe manchmal den Wunsch raus zu sein, es sollte auch eher um das Buch gehen, als um den Autor oder die Autorin“, so Ruby Braun, Präsenz sei aber dennoch enorm wichtig.

Das gilt auch für Verlage. Hier komme es für die erfolgreiche Bewerbung der Bücher aber auch auf die Inhalte an: „Reichweite allein ist kein Kriterium“, natürlich helfe Social Media aber beim Verkauf, erklärte Melina Kochan.
Bei diesem können auch Blogger:innen eine Rolle spielen, müssten es aber nicht: „Die PR macht der Verlag. Bloger:innen verfassen ihre Rezensionen unabhängig“, stellte sie klar.