Ein sehr wichtiges Thema kommt in unserer vierten Folge von JVM fragen – ver.di antwortet zur Sprache – Kündigungen und Kündigungsschutz. Wer jemals eine Kündigung ausgesprochen bekommen oder sich mit betroffenen Kollegen oder Freunden ausgetauscht hat, weiß, dass sich in einem solchen Fall gleich eine ganze Fülle an Fragen stellen. Wir versuchen ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Erst einmal ganz allgemein gefragt, unabhängig von der Art des zugrundeliegenden Arbeitsvertrags – wie ist der Kündigungsschutz gesetzlich geregelt? Welche Formen der Kündigung gibt es?
Die Rechtsgrundlagen rund um die Kündigung sind neben dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Kündigungsschutzgesetz u.a. im Betriebsverfassungsgesetz, dem Teilzeit- und Befristungsgesetz und teilweise in Tarifverträgen zu finden. Eine große Rolle spielt dabei aber auch die richterliche Rechtsprechung.
Es gibt ordentliche (fristgemäße) und außerordentliche Kündigungen. Und dann gibt es die Unterscheidung nach den Gründen für die Kündigung: betriebsbedingte Kündigung, verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigung, sowie die Änderungskündigung.
Wenn es einem Unternehmen wirtschaftlich schlecht geht, ist es dann eigentlich leichter, Mitarbeitern zu kündigen, die befristete Arbeitsverträge haben?
Nein, grundsätzlich sind befristete Arbeitsverträge schwieriger zu kündigen als unbefristete Arbeitsverträge. Doch bei befristeten Verträgen besteht zunächst mal das große Risiko, dass diese einfach nicht verlängert werden, sondern zum vereinbarten Termin enden. Ordentlich gekündigt werden kann ein befristetes Arbeitsverhältnis nur, wenn dies einzelvertraglich oder in einem anzuwendenden Tarifvertrag so vereinbart ist (siehe § 620 Abs. 3 BGB, § 15 Abs. 3 TzBfG). Ansonsten gilt, dass ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag mit Ablauf der vereinbarten Zeit endet (§ 15 Abs. 1 TzBfG) und ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung (§ 15 Abs. 2 TzBfG). Dies alles gilt zunächst einmal völlig unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens. Ausgeschlossen ist i.d.R. nur die ordentliche Kündigung, eine außerordentliche Kündigung könnte bei Vorliegen entsprechender gewichtiger Gründe jedoch ausgesprochen werden – dies allerdings nur innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des wichtigen Grundes.
Wie ist es bei unbefristeten Verträgen – unter welchen Umständen kann mich mein Arbeitsgeber kündigen, auch wenn ich eigentlich unbefristet beschäftigt bin?
Eine außerordentliche, d.h. fristlose Kündigung ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber*in und Arbeitnehmer*in muss so stark erschüttert sein, dass es nicht mehr zumutbar ist am Arbeitsverhältnis festzuhalten. Für ordentliche Kündigungen sind die sich aus § 622 BGB und ggf. einem Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ergebenden Fristen maßgeblich. Dabei ist immer die Schriftform zu wahren (§ 623 BGB).
Bei einer betriebsbedingten Kündigung liegen die Gründe beim Arbeitgeber. Das kann z.B. die Verringerung der Produktion sein, oder Rationalisierungsmaßnahmen sowie die vollständige Einstellung des Betriebs. Auch der Rückgang von Umsätzen kann ein solcher Grund sein. Der Arbeitsplatz des/der zu kündigenden Arbeitnehmer*in muss zukünftig wegfallen.
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung liegen die Gründe bei den Arbeitnehmer*innen. Dieser muss in der Regel eine rechtswirksame Abmahnung vorausgehen. Typische Pflichtverletzungen könnten u.a. sein: Arbeitsversäumnisse, unentschuldigte Fehlzeiten, Verstöße gegen die Betriebsordnung.
Sind Arbeitnehmer*innen objektiv nicht mehr in der Lage, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, so kann dies eine personenbedingte Kündigung begründen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn die fachliche oder persönliche Eignung fehlt oder wenn die Arbeitserlaubnis fehlt. Auch eine krankheitsbedingte Kündigung kommt in Betracht, wenn z.B. von der Krankheit störende Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis ausgehen und die Genesung nicht absehbar ist.
Bei einer Änderungskündigung wird das Arbeitsverhältnis gekündigt und gleichzeitig ein Angebot unterbreitet, das Arbeitsverhältnis zu geänderten – natürlich meist schlechteren – Bedingungen fortzusetzen.
Eine Form der Kündigung, der man auch häufiger in der Buchbranche begegnet, scheint die betriebsbedingte Kündigung zu sein. Unter welchen Umständen kann sie wirkungsvoll ausgesprochen werden?
Wie gesagt – bei einer betriebsbedingten Kündigung liegen die Gründe bei der/dem Arbeitgeber*in, ist also Folge einer Unternehmensentscheidung. Doch dabei muss zwischen mehreren in Betracht kommenden Arbeitnehmer*innen eine Sozialauswahl nach bestimmten Kriterien erfolgen: Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, so hat dieser Mitbestimmung beim Sozialplan.
Gibt es Fälle, in denen die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist?
Ja, für manche Personengruppen gibt es einen besonderen Kündigungsschutz. Dies ist u.a. der Fall bei Betriebsräten, Wahlbewerbern und Mitgliedern von Wahlvorständen, Auszubildenden nach Ende der Probezeit, Arbeitnehmer*innen in Elternzeit, Schwangere Arbeitnehmerinnen und solche in Mutterschutz.
Was mache ich, wenn ich das Gefühl habe, dass eine Kündigung zu Unrecht ausgesprochen wurde. Welche Möglichkeiten habe ich?
Wichtig ist zunächst, maximal den Erhalt der Kündigung zu quittieren und ansonsten keinerlei Äußerungen oder Zugeständnisse an den Arbeitgeber zu machen.
Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, sollte man diesen in jedem Fall direkt kontaktieren. Denn dieser muss vom Arbeitgeber vor Kündigungsausspruch angehört werden, sonst ist die Kündigung unwirksam.
Innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung kann man Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung überprüfen zu lassen.
ver.di-Mitglieder erhalten von uns entsprechende umfassende Beratung und Unterstützung. Sie sollten in jedem Fall umgehend ihre ver.di-Geschäftsstelle informieren, damit die notwendigen rechtlichen Schritte rechtzeitig eingeleitet werden können.
Die Fragen stellte: Selina Reimer, AG Nachwuchsrechte und Vorstandsmitglied der JVM