In unserer Serie „JVM fragen – ver.di antwortet“ beschäftigen wir uns mit Themen rund um den Bereich Arbeitsrecht. In der dritten Folge geht es um Betriebsräte. Die Antworten gibt Rachel Marquardt, im ver.di-Bundesfachbereich „Medien, Kunst und Industrie“ zuständig für Buchverlage.

 

Im Frühjahr 2018 sind Betriebsratswahlen in allen Unternehmen, deutschlandweit. Aus diesem Anlass möchten wir heute wissen was die Aufgaben des Betriebsrates sind und warum er eigentlich so wichtig ist?

Die Aufgaben des Betriebsrates (BR) sind vielfältig und zahlreich.

Ganz allgemein hat er darüber zu wachen, dass die verschiedenen Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge und ggf. Betriebsvereinbarungen, die zugunsten der Arbeitnehmerschaft gelten, eingehalten werden.

Im Konkreten bestimmt er bei folgenden Themen mit: gerechte Eingruppierung, Arbeitsbedingungen wie Beginn, Ende und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen, Überstunden, Teilzeit, Gleitzeit, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Unfallprävention, Urlaubsgrundsätze und Urlaubspläne. Darüber hinaus ist der Betriebsrat vor jeder Einstellung, Versetzung und Kündigung im Betrieb anzuhören. Auch bei Betriebsänderung und Ausbildung kann der BR mitreden. Darüber hinaus hat er ein Informationsrecht und er ist zu vielen Themen, wie z.B. der Personalplanung, vom Arbeitgeber anzuhören.

Ein Betriebsrat kann mit Hilfe der Rechte, die ihm nach dem Betriebsverfassungsrecht zustehen, viele Themen für die Beschäftigten bewegen und so Verbesserungen erreichen.

Existiert ein Betriebsrat im Unternehmen, haben dort alle Beschäftigten mehr Rechte und werden besser in die verschiedenen betrieblichen Entscheidungsprozesse mit einbezogen. Sie sind sozusagen nicht mehr so einfach ausschließlich der „Willkür“ der Arbeitgeber ausgesetzt.

 

Wenn diese Aufgaben so zentral sind, warum hat dann nicht jedes Unternehmen einen Betriebsrat? Und nicht jede Geschäftsführung sieht es gerne, wenn der Wunsch nach einem Betriebsrat laut wird, oder?

Vielen Beschäftigten sind die Rechte und Möglichkeiten von Betriebsräten überhaupt nicht bewusst. Die Themen Interessensvertretung und Mitbestimmung werden in der Ausbildung meist nur am Rande in der Berufsschule vermittelt. Im Studium sind diese meist überhaupt kein Thema. Dazu kommen manchmal Vorurteile gegen Betriebsräte im Sinne von „die trinken da doch eh nur Kaffee und arbeiten nicht“ – das macht es nicht einfacher, Belegschaften von den Vorteilen eines Betriebsrates zu überzeugen. Hinzu kommt dann noch die Angst vor vermeintlichen Hürden bei der Gründung des BR und auch Angst vor der Reaktion des Arbeitgebers. Immer wieder mal wird berichtet, dass Arbeitgeber Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollen, kündigen. Dabei gilt nach dem Betriebsverfassungsgesetz für viele Beschäftigte, die mit der Betriebsratswahl befasst sind, ein besonderer Kündigungsschutz – und zwar vor, während und nach der Wahl.

Im Übrigen dürfen Arbeitgeber Betriebsratswahlen nicht behindern – Arbeitgeber die wegen einer geplanten Betriebsratswahl Druck aufbauen oder sogar mit Kündigung drohen, machen sich strafbar.

Arbeitgeberseits sind häufig Vorbehalte vorhanden, sich in die Karten schauen lassen und den Betriebsrat mit ins Boot holen zu müssen. Sie haben oft Sorge nicht mehr „Herr im eigenen Laden“ sein zu können. Doch auch sie haben Vorteile von der Existenz eines Betriebsrates: sie müssen nicht im Zweifel mit jedem einzelnen Beschäftigten Verhandlungen führen, an deren Ende ein ggf. nicht rechtlich bindendes Ergebnis steht. Und eine Studie aus dem Jahr 2015 kam sogar zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit Betriebsrat mit den Jahren eine höhere Produktivität vorweisen als Unternehmen ohne Betriebsrat. Insofern sind diesbezügliche Vorbehalte nicht nachvollziehbar.

Und nicht zu vergessen: es ist ein gesetzlich verbrieftes Recht der Beschäftigten, einen Betriebsrat zu wählen.

 

Wie kann die Belegschaft denn dann aktiv werden und woher bekommt sie Unterstützung?

ver.di unterstützt ihre Mitglieder bei Bedarf bei der Vorbereitung der Betriebsratswahlen. Es gibt auch vielfältige Materialien und Seminarangebote wie z.B. Wahlvorstandsschulungen, die helfen, Unsicherheit abzubauen. Zusätzlich gibt es konkrete Angebote zu Formularen und zur Berechnung von Fristen. Darüber hinaus kann ver.di z.B. in Betrieben ohne Betriebsrat zur Einleitung der Wahlen zu einer Betriebsversammlung einladen.

 

Wie ist das eigentlich, wenn man einen befristeten Vertrag hat?

Befristete Arbeitsverträge sind aus vielen Gründen ein Problem. In Sachen Betriebsratsgründung allerdings besonders – denn sollte ein befristet Beschäftigter in den BR gewählt werden, neigen manche Arbeitgeber dazu, den Vertrag nicht zu verlängern. Zwar sind BR-Mitglieder vor Kündigung weitestgehend geschützt, doch eine Nichtverlängerung ist keine Kündigung, so dass in diesem Fall dieser Schutz nicht greift. Der Betriebsrat kann sich allerdings für befristete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einsetzen und zum Beispiel das Thema Entfristung zum Thema machen.

 

Noch einmal zurück zu den Wahlen 2018 – können sich denn auch junge Menschen, die vielleicht noch nicht so lange im Unternehmen sind, aufstellen lassen? Fehlt da nicht ein wenig die Erfahrung?

Na klar können sich auch junge Menschen zur Wahl aufstellen lassen. Es ist sogar wichtig, dass sie das tun – Voraussetzung ist lediglich, dass man dem Betrieb bereits sechs Monate angehört. Die demografische Entwicklung macht auch vor den Betriebsratsgremien nicht Halt. Die Erfahrung kommt mit der Arbeit im Gremium. Damit man eine Chance auf einen gut vorbereiteten Generationswechsel hat, sollten bereits bei den nun anstehenden Wahlen auch jüngere Kolleginnen und Kollegen kandidieren. Diese haben dann noch Zeit, in die Aufgabe hineinzuwachsen – mit der Erfahrung der älteren Kolleginnen und Kollegen an ihrer Seite.

Darüber hinaus sieht das Betriebsverfassungsrecht vor, dass der BR möglichst aus allen Beschäftigtengruppen des Betriebes zusammengesetzt ist. Eine Durchmischung der verschiedenen Altersstufen im Gremium kann hier nur von Vorteil sein: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in verschiedenen Altersgruppen haben auch unterschiedliche Anforderungen an die Arbeit und nur durch eine Mischung im BR kann die Berücksichtigung aller Interessen gewährleistet sein.