Mittwoch 10 Uhr, erster Messetag in Frankfurt. Irgendwo im Hintergrund klimpert Klaviermusik. Die Gänge in der Halle 3.1 sind um diese Zeit noch nicht so geschäftig. Die #fbm16 wacht langsam auf. Am Stand des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels haben sich Frühaufsteher aus dem Bereich Ausbildung in der Buchbranche zusammengefunden.

 

Umdenken: Heute Azubi morgen überflüssig?

Thema ist die Arbeit 4.0 und wie sie sich auf die Ausbildung in der Buchbranche auswirkt. Monika Kolb, seit 20 Jahren in der Aus- und Weiterbildung der Buchbranche tätig, moderiert die Runde der Personaler und Ausbildungsverantwortlichen: Max Rietmüller, Brit Christina Baumann, Mira Dietermann und Hartmut Gante. Ihre Insidersicht bringt die Volontärin Eyla Colligon ein. Gemeinsam werden Erfahrungen eingebracht und Überlegungen zusammengetragen. Wie wird die Ausbildung in der Buchbranche in einer digitalisierten Zukunft aussehen? Ist sie überhaupt noch zeitgemäß?

 

Mitdenken: Die Generation Y will Partizipation und hoch hinaus

Die Interessenten gehen zurück. 60 Prozent der jungen Menschen streben einen Hochschulabschluss an und sind damit erst mal raus als Ausbildungskandidaten. Azubi im Buchladen zu sein, scheint nicht mehr zu passen auf diese Generation. Das fängt schon bei der Bezeichnung an: verniedlichend, einschränkend, klein machend . „Diese Bezeichnung macht Menschen klein, die heute gar nicht mehr klein sind“, meint Hartmut Gante. Nachwuchstalente passt besser auf die jungen Leute, die mutig ihre Meinung sagen, einfordern verantwortungsvolle Projekte zu steuern, Mitspracherecht zu haben. „Je mehr ich verstehe, desto mehr kann ich eigenverantwortlich machen und desto mehr lerne ich auch“, meint Eyla Colligon, die nach ihrem Studium noch eine Ausbildung zur klassischen Buchhändlerin gemacht hat. Eins sei klar, weiß Hartmut Gante: „Wir müssen mit den Azubis von heute auf Augenhöhe reden. Alles andere funktioniert nicht mehr.“ Vor allem sind sie als Digital Natives die Profis in Puncto Digitalisierung. Ausbilder sollten diese Stärken des Nachwuchses fördern.

 

Weiterdenken: Starke Vorbilder braucht der Nachwuchs

Trotz allen digitalen und charakterlichen Stärken, die die Youngsters mitbringen – ausgebildet werden müssen sie dennoch. Und am besten gut und zeitgemäß. „Eine gute Ausbildung ist eben die Basis, von der aus man alles machen kann“, da ist sich Hartmut Gante ganz sicher. Das stellt die Ausbilder in eine große Verantwortung. Gut heißt, die Stärken der jungen Generation sehen, Eigenverantwortung und Partizipation ermöglichen, sich greifbar machen und auf die Wünsche und Ideen der Azubis einzugehen. Wie ein Coach versteht sich Frau Dietermann heute eher. Ausbildung 4.0 heißt Veränderung auf beiden Seiten. Nicht nur die Ansprüche der Nachwuchstalente haben sich geändert. Auch die Ausbilder, die Verlagsinhaber und Buchhändler, müssen ihre Erwartungen verändern und an die neue Situation anpassen. Je älter, desto schlauer stimmt in puncto Arbeit 4.0 und Digitalisierung eben nicht mehr. Arbeiten 4.0 macht in der eingesessenen Generation ein Umdenken nötig, quasi Denken 4.0.

Hartmut Gante strahlt eine ältere Dame in elegantem Dunkelblau an, die vor der Bühne auf einem der Papphocker Platz genommen hat. Sie sei seine eigene Ausbilderin, der er immer noch dankbar ist. Solche Vorbilder sind entscheidend. Persönlichkeiten, von denen junge Menschen inspiriert werden, selbst zu herausragenden und eigenverantwortlich handelnden Persönlichkeiten heranzuwachsen. „Wir Ausbilder müssen brennen!“

Annalena Pabst