Evi Simeoni ist seit 1981 als Redakteurin im Sportressort bei der FAZ tätig. Vor Kurzem erschien ihr Debütroman „Schlagmann“ bei Klett-Cotta.
Wittmann: Haben sie eigene Erfahrungen im Leistungssport gemacht?
Simeoni: Nein, ich würde mich als sportlich bezeichnen, war aber nicht talentiert genug, dass es für eine Leistungssportkarriere gereicht hätte. Ich fand die Orientierung und die Denkweise, die im Leistungssport herrscht, gut und habe selber danach gelebt. Im Laufe der Jahre habe ich das aber in Frage gestellt, weil es doch zu wenig ist, das Leben nur nach solchen Prinzipien auszurichten.
Vor Kurzem erschien ihr Debütroman „Schlagmann“ im Klett-Cotta Verlag, wovon handelt er?
Er handelt von Leben und Sterben eines Ruderschlagmanns.
Dieser Ruderschlagmann heißt im Buch Arne Hansen, aber man kann ihn mit Bahne Rabe vergleichen. Er war der Schlagmann des deutschen Ruderachters, der 1988 Olympiagold gewann. Steht Arne Hansen nur für Bahne Rabe oder auch für andere Sportler?
Er steht auch für andere Sportler. Das Schicksal von Bahne Rabe, dass ich aus der journalistischen Nähe verfolgt habe, ist der Ausgangspunkt dieser Geschichte. Ich habe einen Roman daraus gemacht, weil ich das Gefühl hatte, dass dem Geschehen ein Muster zugrunde liegt: Das Muster des Leistungssport und das Muster eines kranken Menschen, der Verlauf einer psychischen Störung. Auffallend ist, dass die Mechanismen des Leistungssport, dieses Überschreiten von Grenzen, dieses Sich-selbst-zu-einem-Körper-reduzieren, diese Abstrahierung des Körpers als Instrument, um eine Leistung zu erlangen, sich selbst zu einer Maschine degradieren. Das können auch Menschen, die eine geistige Störung ausleben, nicht nur der gesunde Geist im gesunden Körper.
Stehen Sie eher kritisch zum Leistungssport?
Ja, ich liebe Leistungssport und ich stehe ihm kritisch gegenüber. Das kommt automatisch, wenn man sich das näher anguckt. Im Laufe meiner Tätigkeit als Sportjournalistin habe ich sehr viele Momente gesehen, wo ich gemerkt habe, dass das nicht mehr vertretbar ist, weil der Sport eben Grenzen überschreitet. Er will Rekorde sprengen, er überschreitet körperliche Leistungsgrenzen, er überschreitet psychische Leistungsgrenzen. Das ist im Risikobereich, aber da können auch Dinge passieren, die man nicht mehr vertreten kann.
An wen richtet sich ihr Buch?
Das habe ich mir gar nicht so richtig vorgestellt. Ich merke jetzt, wer das liest und bin sehr erstaunt. Ich habe erwartet, dass es sportinteressierte Leute, vor allem Männer lesen. Das hat sich so gar nicht bewahrheitet. Ich war zum Beispiel in der Empfehlungsliste der Brigitte auf Platz eins. Das hat mich wahnsinnig gefreut, weil Magersucht ein viel größeres Problem ist, als in der Öffentlichkeit dargestellt. Ich habe immer gehofft, dass die Mechanismen dies Krankheitsverlaufs, die da auftreten, den Menschen zeigen, dass es ein Muster gibt.
Planen Sie einen weiteren Roman?
Ich habe sogar schon einen sehr konkreten Roman, aber diesmal wird das eher eine Familiengeschichte, aber auch mit Sportmotiven.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Simeoni.
Das Interview führte Ulrike Christine Wittmann