Exklusive Einblicke in eine Veranstaltung des Business Club

Am Donnerstagvormittag sprach der Bestseller-Autor Ken Follett gemeinsam mit Marco Schneiders (Leiter Programm, Bastei Lübbe) und Carsten Fichtelmann (Gründer und Geschäftsführer, Daedalic Entertainment) im Rahmen der StoryDrive-Veranstaltungsreihe über die Umsetzung seines beliebtesten Buches zu einem Videospiel, das 2017 erscheinen wird.

Eigentlich ist er Stammgast. Zumindest war er in den letzten Jahren regelmäßig auf der Frankfurter Buchmesse anwesend. Doch in diesem Jahr war es nur wenigen Messebesuchern vergönnt, ihn zu hören und zu sehen. Die Rede ist von Ken Follett, bei dem es sich zweifelsohne um einen Star der Literaturszene handelt. Im Business Club der Buchmesse war er einer von drei Rednern bei der Veranstaltung ‚„Die Säulen der Erde“: Interaktive Literatur – vom Buch zum Game.‘ Bei dem Buch geht es um den Bau einer Kathedrale im mittelalterlichen England im 12. Jahrhundert, das 1990 bei Bastei Lübbe erschien und dessen Handlung für ein Videospiel adaptiert wird. Aus diesem Grund gehörten auch Marco Schneiders, der Leiter Programm von Bastei Lübbe, und Carsten Fichtelmann, Gründer und Geschäftsführer von Daedalic Entertainment, zu den Sprechern. Dazu sei angemerkt, dass Lübbe seit 2014 mit 51 % Mehrheitseigner von Daedalic, dem Spielentwickler und Publisher mit Sitz in Hamburg, ist.

Die Veranstaltung startete circa zehn Minuten später als geplant. Diese Maßnahme wurde bewusst ergriffen, um weiteren Menschen, die an diesem Morgen aufgrund der größeren Verkehrsprobleme in Frankfurt verspätet die Messe erreichten, eine Teilnahme zu ermöglichen. Dennoch blieb bedauerlicherweise das Ganze beschaulicher als geplant. Fast die Hälfte der geschätzten 100 Anwesenden waren Journalisten und berufliche Fotografen. Bei den anderen handelte es sich um die Besitzer eines erworbenen Business Club-Tickets und zehn Fans (Blogger, Leser und Gamer), die sich erfolgreich für ein im Anschluss stattfindendes Fan-Event mit Follett beworben hatten, das von der Bastei Lübbe AG und Huffington Post Deutschland ermöglicht wurde.

Neue Strategien der Vermarktung von Büchern

© Tobias Mohr

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Als der Waliser Ken Follett den Raum betrat, wurde es schlagartig hektisch. Die Kameras wurden direkt von allen Seiten auf ihn, Schneiders und Fichtelmann gerichtet.

Zu Beginn berichteten Schneiders und Fichtelmann, dass es in diesem Event darum gehen solle, darzustellen, wie aus einem einmaligen Buch ein einmaliges Spiel – interaktive Literatur – werden solle. Das Game solle außerdem genauso zeitlos werden, wie es das Buch bereits ist. Dies sei ihre eigene Erwartung an das Spiel. Das Publikum erfuhr, dass es sich bei der ‚Erfolgsgeschichte‘ Follett und der Bastei Lübbe AG um eine der längsten Beziehungen der aktuellen gegenwärtigen deutschen Verlagsgeschichte handele, die nun über 35 Jahre andauere. Besonders einschneidend sei das Jahr 1989 gewesen. Damals erschien in Großbritannien ‚The Pillars of the Earth‘, das sich von den bisherigen Büchern des Schriftstellern hinsichtlich des Genres unterschied: Bisher schrieb Follett ausschließlich Thriller und nun lag zum ersten Mal ein Historischer Roman („Historical fiction“) vor, der sich zum weltweiten Bestseller entwickelte. Schneiders bekannte, dass Verlage nun neue Strategien der Vermarktung von Büchern suchen würden. Aus Büchern würden Filme, Brettspiele oder Video-Games. Er geht fest davon aus, dass Verlage immer häufiger Geld mit der weiteren Nutzung von Stoffen verdienen. „Das wird sicher zunehmen in Zukunft“, aber nicht alle Bücher seien dazu geeignet: „Es müssen große Stoffe sein.“ Stoffe wie ‚Die Säulen der Erde‘.

Nachdem ‚Die Säulen der Erde‘ bereits zu einem mehrteiligen Film und einem Brettspiel umgesetzt wurden, folge nun das Videospiel für die gängigen Plattformen. Nach Aussagen von Fichtelmann entwickele momentan ein Team, bestehend aus über 100 Personen, mit Hochdruck an dem Adventure, damit es 2017 erscheinen könne. Der Begriff der „interaktiven Literatur“ wurde in der Folge häufig verwendet – beispielsweise im Zusammenhang damit, dass das Spiel auch eine Mischung zwischen Graphic Novel und Hörbuch darstelle. Des Weiteren sei es während des Spielens möglich, eigene Entscheidungen zu treffen, die Einfluss auf die Handlung haben werden.
Bevor Follett das Wort ergriff, wurden erstmalig Screenshots und Videosequenzen präsentiert, die sich selbst der Schriftsteller aufmerksam betrachtete.

© Tobias Mohr

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Follett: „Natürlich werde ich mein Spiel spielen“

Nachfolgend sind die wichtigsten Aussagen von Ken Follett sinngemäß aufgelistet:
– Seine Hoffnung ist, dass durch das Spiel jüngere Menschen auf das Buch aufmerksam werden. Sie könnten durch das Spielen denken, dass vielleicht auch das Buch gut sei und es daher anfangen, zu lesen. Auf diese Weise soll eine neue Generation von Lesern entstehen. Denn das Problem sei, dass seine bisherigen Leser – logischerweise – immer älter werden, sich aber immer weniger Heranwachsende an sein Werk herantrauen würden.

– Ebenso kann er sich gut vorstellen, dass auch viele Leser das Spiel kaufen und ausprobieren werden. Nach dem Durchspielen des Videogames gäbe es die Option, durch Lektüre des Buches neue Erfahrungen zu sammeln. Auch sei dies andersherum möglich.

Bereits in der Beschreibung der Veranstaltung wird Follett wie folgt zitiert:
„Ich freue mich, dass die Säulen der Erde – mein beliebtestes Buch – von Daedalic in ein Video-Spiel verwandelt wird. Ich hoffe, dass dies meine Arbeit einer neuen Generation von Lesern auf spannende Art und Weise näher bringt. Es ist großartig, dass sich die weltweit größte Buchmesse verpflichtet hat, neue Wege aufzuzeigen um Geschichten zu erzählen und Leser zu inspirieren.“

– Normalerweise spiele er keine Videospiele beziehungsweise sei diese Zeit lange vorbei. Aber natürlich werde er dieses, „sein“ Spiel ausgiebig testen. Schließlich möchte er bei seinem nächsten Buchmesse-Besuch ausführlich berichten können, wie es sich anfühlt, sich in Kingsbridge zu bewegen.

– Anfänglich war er skeptisch über die Idee, aus seinem Buch ein Videospiel zu machen. Anschließend habe er jedoch die „faszinierende Erfahrung“ gemacht, dass das Schreiben eines Buches sich mit dem Entwickeln eines Spiels zwei wichtige Elemente teile: „Erst erschaffe ich eine imaginäre Welt, und dann versuche ich, den Leser dort hineinzuziehen. Das machen die [Daedalic Entertainment, Anm. des Autoren] auch.“ Bei beiden Prozessen sei es das Ziel, eine gewisse Authentizität anzustreben, die Emotionen beim Benutzer/Leser hervorruft.

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– Bereits im Vorfeld habe er sich viele Gedanken über die künstlerische Umsetzung der Figuren gemacht. Über die Entwürfe von Daedalic sei er überrascht gewesen. Da das Buch ein halbes Jahrhundert (1135–1174) umfasst, wären die Charaktere in unterschiedlichem Alter gezeichnet worden. Dieser Veränderungs-Prozess im Erscheinungsbild und die vielen Entwürfe kamen ihm ein wenig wie ein Schauspieler-Casting für ein Film oder eine Serie vor. Dies entsprach nicht seinen Vorstellung, aber letztlich habe er dies großartig gefunden.

– Aber da es sich bei den Leuten von Daedalic um Experten handele, entschied er sich bewusst dagegen, am Gameskript mitzuwirken. Ihm spreche ja auch niemand beim Schreibprozess hinein oder mache konkrete Vorgaben. Dennoch wird natürlich auch von ihm überwacht werden, dass die Story schlüssig bleibt und keine Unklarheiten in der Handlung entstehen.

– Beim Schreiben eines Buches denke er niemals über eine mögliche Film- oder eine Spieladaption nach. Er habe während des Schreibprozesses schlichtweg keine Zeit dazu, sich auch noch darüber Gedanken zu machen.

– Auch habe er den Spielentwicklern leider nur wenig helfen können, da er die meisten Recherchematerialien weggeworfen habe: „Wenn ich das alles aufgehoben hätte, bräuchte ich den Buckingham Palast.“

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Danach konnten einige Minuten lang Fragen an die drei Sprecher gestellt werden. Eine Möglichkeit, die natürlich von vielen genutzt wurde. So konnte noch in Erfahrung gebracht werden, dass auch Schneiders mit seinen Lektoren sich beim Lesen eines neuen Manuskripts zunächst keine Gedanken über eine mögliche Film-, Gesellschaftsspiel- oder Videospielumsetzung machen würden. Außerdem klärte Fichtelmann auf Nachfrage auf, dass es sich um ein Single-Player-Game handele und bisher kein Multi-Player geplant sei. Das Gameplay liege bei ungefähr 25 Stunden und dabei spiele man die aus dem Buch bekannten Helden, zum Beispiel Jack Builder, Aliena und Prior Philip, abwechselnd. Ungefähr 15 Prozent des Original-Textes wurden in die Handlung des Spiels implementiert. Bei den restlichen 85 Prozent würde es um neue Stories und neue Hintergründe bei den bereits bekannten Charakteren gehen. Im Anschluss an die Fragerunde nahm Follett sich kurz Zeit für die Anwesenden, signierte und ließ sich mit ihnen fotografieren, bevor vereinbarte einzelne Presseinterviews und das bereits erwähnte Fan-Treffen folgten.

Twitter-Interview mit Ken Follett:
https://www.buchreport.de/nachrichten/bestseller/bestseller_nachricht/datum/2015/09/18/messe-thrill-mit-stevie-wonder.htm

Weitere Informationen:
– https://www.computerbild.de/artikel/cb-News-Internet-Ken-Follett-PC-Game-Saeulen-der-Erde-13718873.html
– https://countdown.buchmesse.de/de/ausgabe-3/die-pixel-der-erde/
– https://www.rp-online.de/digitales/games/ken-follett-die-saeulen-der-erde-kommt-als-videospiel-aid-1.5472540
– https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.auf-der-buchmesse-in-frankfurt-vom-bestseller-zum-computerspiel.bb59cba5-b0de-4501-9c4f-70f291e8d16d.html

Tobias Mohr