Großes Interesse an der Auftaktveranstaltung „Verleger – ein Traumberuf?“ im Rahmen der neuen Reihe „Junge Verlagsmenschen im Dialog“.
Positiv überrascht war Georg Reuchlein gestern Abend, als er den Vortragsraum „Elvis Presley“ in der Verlagsgruppe Random House betrat: „Man hatte mich gebeten, vor einem kleinen Kreis etwas über das Thema: ‚Verleger – ein Traumberuf’ zu erzählen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich vor so vielen jungen Verlagsmenschen sprechen werde.“
In der Tat war die Auftaktveranstaltung der neuen Reihe Junge Verlagsmenschen im Dialog, organisiert von der Städtegruppe München, ein großer Erfolg: Mehr als 50 Interessierte aus unterschiedlichen Verlagen und Abteilungen waren gekommen, um mit dem Verleger von Goldmann, btb, Luchterhand, Manhattan, Page & Turner, Arkana und Mosaik bei Goldmann über seinen Werdegang, seine tägliche Arbeit und seine größten Erfolge und Misserfolge zu sprechen.
„Womit verbringt ein Verleger seine Zeit?“, war eine der wichtigsten Fragen im Laufe der Diskussion. „Meinen Kindern habe ich einmal gesagt, stellt euch vor, den ganzen Tag in einem Stuhlkreis zu sitzen und dafür Sorge zu tragen, dass die Menschen um euch herum mit den für sie wichtigen Informationen versorgt werden.“ Georg Reuchleins „Stuhlkreis“ besteht zum Beispiel aus Mitarbeitern der Marketingabteilung, des Vertriebs, der Presse oder der Geschäftsleitung. Seine Aufgabe als Lektor hat sich insbesondere in den letzten Jahren stark verändert, denn einen „lesenden Lektor“, der seine gesamte Arbeitszeit mit der Redaktion eines Manuskriptes verbringt, gibt es eigentlich kaum noch. Der Lektor ist vielmehr zu einem Projektmanager geworden, der gemeinsam mit den verschiedenen Abteilungen im Verlag, oft auch freien Mitarbeitern und natürlich dem Autor, ein Buch entstehen lässt. Es ist die Teamarbeit, ohne die in einem Verlag kein Buch zustande kommen kann, die Reuchlein immer wieder aufs Neue fasziniert.
Gleichzeitig ist es aber auch ein Beruf, in dem man sich jeden Tag mit den unterschiedlichsten Themen beschäftigen darf und muss. Insbesondere ein Belletristik-Lektor sollte seiner Meinung nach immer wieder auf der Suche nach dem „schwarzen Schwan“ sein. Er zitiert damit den Buchtitel des im Carl Hanser Verlag erschienen Buches von Nassim Nicholas Taleb und meint damit die Suche nach dem scheinbar Unmöglichen, dem kleinen Wunder unter all den eingehenden Manuskripten, welches das Potential zum Bestseller hat.
Ein Lektor muss an das scheinbar Unmögliche glauben und damit einhergehend auch viele weniger gute Manuskripte lesen. Wenn er ein Buch mit Potential gefunden hat, dann braucht er vor allem eines: Begeisterung und die Ausdauer, für ein Buch zu kämpfen. Wenn ein Lektor nicht von einem Manuskript überzeugt ist und den Vertrieb, die Presse oder Lektoratskollegen nicht davon überzeugen kann, dann hat es Reuchleins Ansicht nach auch keine Chance auf dem Markt. Dabei gehören Fehleinschätzungen zum Beruf, und selbst der beste Lektor wird sich nicht nur einmal in einem Buch täuschen. Deswegen gehört zu dem Beruf auch der Mut, Fehler zu machen und dennoch immer wieder an dieses kleine Wunder unter den vielen, vielen Manuskripten zu glauben und es aufzuspüren.
Wir danken Georg Reuchlein für seine Zeit und die spannenden Einblicke in seine tägliche Arbeit.