Wie zu Gutenbergs Zeiten tauchten die Jungen Verlagsmenschen am 3. März 2012 in die Welt des Buchdruckes in der Fliegenkopf Werkstatt in München ein und lernten das Handwerk des heute nicht mehr ausgeübten Berufes der Schriftsetzer.
Aus Stuttgart, Erlangen und München machten sich die Jungen Verlagsmenschen gespannt am Samstagmorgen auf, um an einem Tag mit Bleibuchstaben und einer Andruckpresse eigen gestaltete Postkarten zu realisieren.
Die Bleisatz-Werkstatt befindet sich fast unauffällig in einem Hinterhof mitten in München und offenbarte uns Neugierigen ein wahrhaftiges Typoparadies. Die Inhaberin Christa Schwarztrauber begrüßte uns herzlich in einem kleinen Stuhlkreis inmitten ihrer Werkstatt. Während sie uns nach unseren Ideen für die Postkartengestaltung fragte, kreisten unsere Augen und fanden keinen Ruhepunkt: Ihre Werkstatt gleicht einem kleinen Museum. Eine Heidelberger Tiegel, kleine Tischtiegel, eine Andruckpresse, Blei- und Holzlettersammlungen, Künstlerarbeiten und viele Erinnerungsstücke aus der Handsatzzeit begeisterten uns vom ersten Moment an. Sie gestand uns gleich zu Beginn, dass sie selbst nicht weiß, wie viele Buchstaben sie besitzt und erklärte uns schon den ersten uns noch unbekannten Fachbegriff, nachdem sie ihre Werkstatt benannt hatte: Fliegenkopf beschreibt nämlich eine versehentlich auf dem Kopf stehende Bleiletter, wobei statt des Buchstabens die Unterseite des Buchstabenkegels gedruckt wird.
Wir fühlten uns sofort pudelwohl und durften schon gleich mit ersten A6-Skizzen beginnen und auf Buchstabensuche gehen. Unsere Postkarten sollten mit Zitaten und Wortspielereien geschmückt sein. Schon gleich merkten wir, dass die Arbeit eines Schriftsetzers niemals dem Aufwand zu DTP-Zeiten gleicht. Von Schublade zu Schublade suchten wir geeignete Schriften in Größe und Form, die unsere Ideen auch gestalterisch unterstreichen würden. Schon gleich mahnte uns die erfahrene Schriftsetzerin freundlich, die Regal- und Fachnummer zu notieren, damit das Ablegen der Buchstaben später nicht zu einer Tagesaufgabe wird.
Wir stießen azcg auf Schriften, die heute noch in modernen Satzarbeiten verwendet werden und sind allesamt von der „Isolde“ begeistert, die gleich in zwei Arbeiten Anwendung fand. Nachdem Christa Schwarztrauber uns noch Tipps zur Schriftmischung gab und den einen oder anderen Fehlgriff nach einem „b“ statt einem „p“ korrigierte, begannen wir auch schon unsere Buchstaben Zeile für Zeile im Winkelhaken zu setzen. Auch das war gar nicht so einfach, denn die Lettern werden verkehrt herum, natürlich spiegelverkehrt, von links nach rechts gereiht und anschließend mit Blindmaterial, also nicht druckenden Elementen, ausgeglichen. Während Frau Schwarztrauber uns dies in einem unglaublichem Tempo zeigte, rechneten wir noch mit Cicero und Punkt und mussten immer wieder nachfragen, um unserem Werk auch ein gutes Satzbild zu geben.
Nach getaner Arbeit brauchten wir erst einmal eine kurze Pause, in der uns Frau Schwarztrauber freundlicherweise schon die Satzform mit einer Kolumnenschnur umwickelte und auf der Andruckpresse ablegte.
Danach begannen wir auch schon mit dem Andruck. Der Stand des Druckbildes auf den ersten Bogen war noch nicht perfekt, sodass noch einige Stege Punkt für Punkt versetzt wurden – und schlussendlich konnten wir unser Druckergebnis mit Begeisterung bestaunen.
Jeder durfte dann an der Andruckpresse einige Exemplare mit der Handkurbel drucken, ein anderer assistierte und hängte die Arbeiten zum Trocknen auf. Zum Schluss einigten wir uns, dass uns die geschnittenen Exemplare zugeschickt werden, da nicht mehr genügend Zeit, aufgrund der Trockenzeiten und des Endbeschnitts, blieb. Wir löcherten Frau Schwarztrauber noch mit Fragen rund um die eingesetzten Materialien und weiteren Veranstaltungen und verabschiedeten uns schlussendlich mit der Hoffnung, dass wir uns bald wiedersehen!
Julia Hoffmann