von Dagmar Hoppe
Auch in diesem Jahr fand die future!publish wieder mit einer großen Teilnehmer:innenzahl statt, doch 2021 war alles digital. Nach herzlichen Willkommensworten starteten die Teilnehmer:innen in den ersten von zwei Tagungstagen und die Themen waren so vielseitig wie die Referent:innen: Technische Innovationen im Publishing; Perfect Matches; Digitale Events; Burnout; Trüffelschweine; Systemisches Konfliktmanagement und Chancen einer rassismusfreien Verlagswelt, um nur eine Auswahl zu nennen. Das Programm der nächsten zwei Tage ließ demnach kaum Wünsche offen und regte in der ein oder anderen Break-Out-Session oder im per Zufall zugelosten Speeddating zu interessanten Gesprächen ein.
Beispielhaft möchten wir daher von fünf Sessions kurz berichten.
Tag 1: Bedürfnis sucht Buch: Mit Perspektivwechsel zum Perfect Match
So stellte Vertriebsberaterin Stephanie Lange in ihrem Vortrag Bedürfnis sucht Buch: Mit Perspektivwechsel zum Perfect Match die Folgestudie des mvb zum Thema „Bewusst unbewusst: Vom verborgenen Lesemotiv zum Kaufimpuls“ von September 2020 vor, welche direkt an die „Buchkäufer – quo vadis“-Studie des Börsenvereins von 2018 anschließt. Untersucht wurden die Lesemotive der sogenannten „Abwanderer“, also der Leser:innen, die an sich gerne lesen, denen in den letzten Jahren das Lesen aber „abhanden“ gekommen ist. Laut Studie immerhin 2,7 Millionen Menschen! Da ergibt sich die Frage: Woran liegt es?
Ein möglicher Grund: mangelnde Orientierung im Buchmarkt – kein Wunder bei der Flut an Neuerscheinungen in jedem Jahr. Ein weiterer Grund: Fehlende Ansprache der unbewussten Lesemotive mitreden können, Freude und Entscheidungsfreiheit sowie der spezifischen Motive leichtes Lesen, entspannen, eintauchen und lachen.
Alle Motive sind sicher solche, die viele Leser:innen kennen und bei der Lektüre der immer komplizierter werdenden Bücher nicht befriedigt wissen – so zumindest eine These der Studie. Anschaulich unterlegte Lange die vorgestellten Auszüge der über 300-seitigen Studie mit vielen Schaubildern und Fakten und hinterließ so bei den Zuhörer:innen sicherlich das Bedürfnis, nicht nur die bisher ausgeübte Zielgruppenansprache zu hinterfragen, sondern auch einmal selbstreflektiert an das Thema heranzugehen.
Lerneffekte aus 2020?
In einem der fünf Nachmittagsbeiträge des ersten Tages ging es dann um Erfahrungsberichte von Digitalen Events: Was die Buchbranche 2020 gelernt hat und wie sie das 2021 nutzen könnte. Hermann Eckel, Roland Große Holtforth und Carmen Udina führten nach einleitenden Worten von Jürgen Boos, unter beispielhafter Vorstellung des Formats The Hof zu Frankfurter Buchmesse 2020 in einer lockeren Gesprächsrunde durch das Thema und luden die Teilnehmer:innen in Break-Out Sessions zum aktiven Erfahrungsbericht ein.
So ging es in kleineren Gruppen unter anderem darum, die Erfahrungen/Learnings in ein Cluster von Pro – Contra – Was gibt es zu beachten? aufzuteilen. Dabei kam einiges zusammen, wie man beispielhaft an einer Sammlung erkennen kann.
Die zweite Austauschrunde widmete sich dann möglichen Branchenkonzepten, wobei auch hier anhand der Ergebnisse zu sehen ist, welches Ziel, welche Kosten und welche Konzepte ein digitales Event der Buchbranche haben kann. In jedem Fall interessanter Input für alle Teilnehmer:innen, die in Zukunft ein digitales Event planen.
Tag 2: Vorsicht Burnout!
Am zweiten Tag der future!publish 2021 ging es dann vormittags unter anderem um das wichtige Thema Was hat Agilität mit Burnout zu tun? In einem sehr persönlichen Erfahrungsbericht, der ihn selbst zum Umdenken und zur Neuausrichtung seines Lebens geführt hat, berichtete Edgar Rodehack über Anzeichen eines aufkommenden Burnouts und dass davon nicht nur Einzelpersonen betroffen sein können, sondern auch ganze Firmen.
Anhand der Burnout-Uhr nach Freudenberger zeigte Rodehack dabei die schleichenden Vorboten eines Burnouts auf und fragte in kurzen anonymen Online-Abstimmungen immer wieder bei den Teilnehmer:innen ab, in welche Stadien sie sich einstufen würden. Sicherlich ein Weckruf für die oder den ein oder anderen, so wirkten die Stimmen in der abschließenden Diskussionsrunde doch sehr aufgerüttelt.
Er rief vor allem zu mehr Achtsamkeit sich selbst gegenüber auf und dazu, gerade in Home Office Zeiten wohldosiert mehr auf gesunde Ernährung, Bewegung und Meditation zu setzen. Auch ein klares „Nein“ bei überlastenden Anfragen könne Großes bewirken.
Konfliktmanagement und Autorität
Im ersten von zwei Nachmittagsvorträgen ging es dann um die wissenschaftliche Herangehensweise an Systemisches Konfliktmanagement und neue Autorität. Autoritätsforscher Frank H. Baumann-Habersack von der Universität Bremen hielt nach einer historisch-theoretischen Einführung in das Thema Autoritätsforschung und Konfliktmanagement drei Tipps für die Zuhörer:innen bereit:
- Entscheiden Sie eindeutig, dass Sie bereit sind, einige Annahmen zu Ihrer Führung, Autorität und Konflikten ergebnisoffen zu hinterfragen.
- Lassen Sie in sich „einsickern“, dass Autorität und Führung auch ohne Unterordnung wirksam sind.
- Bearbeiten Sie Konflikte, wenn sie lauwarm sind. Beharrlich und deeskalierend in mehreren Terminen. Verhandeln Sie die Interessen miteinander.
Und stellte abschließend fest: Nicht jeder Konflikt ist lösbar, auch das müsse man akzeptieren.
Chancen einer rassismusfreien Verlagswelt
Zum Abschluss des zweiten Tagungstages gab es dann noch einen engagierten Vortrag von Nadine Salha und Teresa Sommer zu Chancen einer rassismusfreien Verlagswelt. Die Referentinnen widmeten sich einer Definition von Rassismus und legten in Ihrem Vortrag den Schwerpunkt auf den Teilaspekt der Hautfarbe. In Zitaten und einer nicht repräsentativen Auswertungen der deutschsprachigen Verlagslandschaft riefen Sie zu mehr Engagement gegen Rassismus in der Verlagswelt auf, nicht nur in Büchern, sondern auch ganz konkret in der Arbeitswelt.
Fazit: Inspirierend war’s!
Nach zwei Tagen der future!publish 2021 gingen die Teilnehmer:innen dann mit viel Input, neuen Ideen und sicher der ein oder anderen Überlegung in das Wochenende – in der Hoffnung, dass der ein oder andere Denkanstoß in Zukunft seinen Weg in die Verlagsbranche finden wird.