von Alwina Nagel

Abgelöst durch die BookTok-Community als Treffpunkt für junge Leser*innen stellen sich Buchhandlungen der zentralen Frage, wie dieser Entwicklung zu begegnen ist. Branchenexpert*innen diskutieren die Zielgruppe Generation Book am Messemittwoch der Frankfurter Buchmesse.

Heterogener als gedacht

Bei einem sind sich Leonie Reißmann (Artemis Books, Inhaberin), Silke Müller (Buchhandlung Erlesenes & Büchergilde, Inhaberin) und Dr. Maximilian Hugendubel (Hugendubel, Geschäftsführender Gesellschafter) einig: Die Zielgruppe der jungen Leser*innen ist deutlich gemischter, als sie zunächst vermuten lässt. Was die Zielgruppe verbindet, sind Themen, die bewegen – und das Bedürfnis, sich über diese auszutauschen, erklärt Hugendubel. 

Buchhandlung zum Wohlfühlen

Reißmann erkennt früh, dass die Innengestaltung einer Buchhandlung bei der Generation Book ausschlaggebend ist. Sie macht täglich die Erfahrung, dass Kund*innen sich für die Wohlfühlatmosphäre bei Artemis Books begeistern und ihr Einkaufserlebnis in der queeren Sortimentsbuchhandlung auf Social Media teilen. „Queere Menschen mögen Pflanzen,“ berichtet sie lachend über die Einrichtung von Artemis Books.

Ähnliche Erfahrungen hat Müller in ihrer Buchhandlung beobachtet. Nicht umsonst erhielt sie dieses Jahr das Gütesiegel „hervorragende Buchhandlung“. Mithilfe ihrer jungen Kolleg*innen gestaltet sie einen „Safe Space“ im hinteren Teil der Ladenräume mit antikem Sofa und passendem Sortiment. In diesem Bereich finden sich vor allem Bücher des New Adult-Genres. Hier stehen englische und deutsche Titel zusammen.

Jungen Menschen ist Sprache wichtig

Das englische Buch ist im zweiten Jahr in Folge um knapp 27% im Umsatz gestiegen, laut Alyna Wnukowsky, Sprecherin der Geschäftsführung von Libri GmbH. Es ist ein globaler Trend, der sich auch in Deutschland umsetzt. Englische Bücher sind oft viel günstiger und haben auf dem deutschen Markt keine Buchpreisbindung, sagt Reißmann. Außerdem sind englische Originalausgaben für Leser*innen mit Sammelfreude früher erhältlich. Mit englischer Literatur habe Hugendubel die Erfahrung gemacht, dass es der Generation Book an erster Stelle um die Originalsprache geht anstatt der Übersetzung ins Englische. 

Mehr als eine Buchhandlung 

Mit Bookstock, einem virtuellen Literaturfestival, konzipiert während der Pandemie, feiert Hugendubel großen Erfolg. „Man muss ja auch mal was probieren,“ begründet er die Entscheidung für das Festival, das Leser*innen Austausch mit ihren Lieblingsautor*innen bietet – von zuhause aus. Festgestellt hat Hugendubel aber auch eines: „Es hat uns an unsere Grenzen gebracht. Wir sind keine Eventagentur.“

Auch die Buchhandlungen von Leonie Reißmann und Silke Müller zeigen sich als Orte des Zusammenseins. In Erlesenes & Büchergilde findet seit Anfang des Jahres regelmäßig unter der Leitung einer jüngeren Kollegin ein Buchclub statt. Artemis Books geht einen Schritt weiter und bietet passend zum vielfältigen Sortiment einen vielfältigen Veranstaltungskalender an: Lesungen, eine Schreibwerkstatt, und Infoabende zu Themen wie dem asexuellen Spektrum.

Bewusstsein für Generation Book

Im Abschluss des Gesprächs plädiert Wnukowsky für eine selbstbewusstere Buchbranche. Sie verkaufe immerhin ein Produkt, was mehr wäre als nur ein Produkt. Die stetig wachsende Online-Community ist ein Beweis dafür, dass Bücher verbinden. Als jüngste Gesprächsteilnehmerin trifft Reißmann es auf den Punkt: Der Buchhandel kann Generation Book begeistern, in dem er sein Bewusstsein für die Interessen junger Leser*innen schärft – seien das nun Queerness, mentale Gesundheit oder die Erotik des New Adult-Genres.