Der Karrieretag Buch und Medien auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse 2016 war bereits mit seiner ersten Podiumsdiskussion gut besucht. Unter zahlreichen Zuschauern erzählten fünf Verlagsmitarbeiter über ihren Berufsalltag und gaben einen ganz persönlichen Blick hinter die Kulissen.
Mit dabei waren: Anvar Cukoski, Lektor beim Piper Verlag in München und Lehrbeauftragter für literarisches Schreiben in Hildesheim sowie Tomas Rensing, PR-Manager des Coppenrath Verlags in Münster. Auch die Frauen der Stunde durften nicht fehlen und so bereicherten Agnieszka Golosch, zuständig für die Inlandslizenzen bei den Ullstein Buchverlagen, sowie Katja Splichal, Leitung Verlagsbereich Online & Lernmanagementsysteme des Eugen Ulmer Verlags, die Gesprächsrunde. Stefan Hauck vom Börsenblatt moderierte.
Viele Wege führen zum Verlag
„Wie war eigentlich der Einstieg in die Verlagsbranche?“, fragte Stefan Hauck und schnell wurde klar, dass keiner der eingeladenen Gäste sich bewusst für diesen Berufszweig entschieden hatte. Katja Splichal ist eigentlich gelernte Hundetrainerin und knüpfte erst mit dem Studium Buchhandel/Verlagswirtschaft an der HTWK Leipzig an die Branche an. Nach einem Lehrauftrag an der HTWK, erhielt sie einen Anruf von paperC aus Berlin; digitale Themen hatten da bereits ihr Interesse geweckt. Nach einem Schlagaustausch mit dem Verleger Eugen Ulmer im Kommentarfeld einer Online-Zeitschrift, begann sie ihre Laufbahn beim Eugen Ulmer Verlag als „Online-Chefin“. Agnieszka Golosch hielt sich mit Praktika am Theater und mit kleinen Jobs in der Filmproduktion über Wasser. Schnell war klar “hier hat man Schwierigkeiten Fuß zu fassen” und so begann sie ein Volontariat im Loewe Verlag, bei dem ihr besonders die Arbeit in der Lizenzabteilung zusprach. Nach einiger Zeit in München kehrte sie zurück nach Berlin; zu den Ullstein Buchverlagen. Tomas Rensing begann seine Arbeit als Kinder- und Jugendpsychoanalytiker, bis er mit einem Zwischenstopp als AuPair in Amerika ein Praktikum im Coppenrath Verlag begann. Nach dem Praktikum kam ein Volontariat und, nach einem kleinen Zwischenstopp bei Tchibo, eine Festanstellung in der Presseabteilung des Verlages. “Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort”, bemerkte Rensing lächelnd. Anvar Cukoski ging dann doch den etwas konventionellen Weg: “Ich habe Literaturwissenschaft und Philosophie studiert und ein Praktikum im Lektorat und in der Presseabteilung des Berlin Verlags absolviert.” Dann kam das Volontariat und mit ihm eine spätere Anstellung im Piper Verlag, wo er seit Anfang 2015 arbeitet.
Mit Bücher lesen hat das hier nicht mehr viel zu tun
Anvar Cukoski ist in seiner Tätigkeit als Lektor für die deutschsprachige Literatur zuständig. Ein Drittel seiner Arbeitszeit ist dabei ein “knallharter Bürojob”, wie Cukoski betont. Das Lesen fällt da oft in den Feierabend. Er versteht sich als “moderner Projektmanager mit Textkompetenz (…) und als Wannabe-Marketingmanager“.
Katja Splichal geht in die Vollen und beweist bei dieser Podiumsdiskussion, dass ihr Job alles andere als langweilig ist. “Wir machen Projektmanagement. Das ist ein ganz anderes Arbeitsfeld; ein großes Onlinefeld”. Splichal ist für das Software-Development und für reibungslose XML-Workflows zuständig. “Wir haben ein eigenes Shop-System und Content-Management-System entwickelt, (…) dass wir als Whitelabel-Produkte auch an andere Firmen verkaufen. Wir sind eine Softwarebude”, wie sie lachend feststellen muss. Im Mittelpunkt stehen immer wieder Prozessoptimierung und -steuerung. Hinzukommen die Entwicklung von eBooks und Apps.
Agnieszka Golosch ist in ihrer Tätigkeit für den Bereich Domestic-Rights, also den Verkauf von Verfügungs- und Hörbuchrechten, zuständig. Gefordert sind hier gute Kenntnisse im Hörbuchmarkt, Download-Bereich (Stichwort: Audible) sowie im Filmbereich. Dabei ist der Verkauf der Lizenzen immer abhängig vom Erfolg eines Buches, und damit auch von der Arbeit des Lektorats, der PR-Abteilung und des Vertriebs.
Rensing hat pro Halbjahr rund 400 Buchtitel und 450 nonBook-Artikel zu betreuen. “Klar können wir da nicht jeden Titel vermarkten”, erklärt Rensing und fokussiert jedes Halbjahr Schwerpunkte im Programm. Dabei werden zehn ausgewählte Titel an die Presse verschickt und beworben. Das Verfassen von Texten sowie Messe- und Pressereisen gehören da zum Alltag.
24/7 oder doch 9 to 5?
Anvar Cukoski sieht sich als „Schreibtischtäter“ und betont, dass Lektoren definitiv keinen 9 to 5 Job haben. Eigenschaften, die heutige Lektoren mitbringen sollten: Kommunikationsstärke, ein gutes Sprachgefühl und Leidensfähigkeit.
Katja Splichal hat definitv einen 24/7 Job. Privater und beruflicher Alltag vermischen sich mit wachsender Mobilität immer mehr. Heute hat sie mehr als 50 Projekte gleichzeitig zu stemmen. Eigenschaften, die ihr besonders wichtig sind: Sitzfleisch und Geduld bei Change-Themen, Liebe zum Menschen und eine gesunde Portion Pragmatismus.
Agnieszka Golosch achtet auf regulierte Arbeitszeiten, treibt sich aber auch regelmäßig auf Messen und der Berlinale rum. Trotzdem erledigt sie Sachen auch mal auf dem Sofa, gibt sie zu. Gewünschte Eigenschaften: Neugier, liebevolle Penetranz und ein gutes Gedächtnis.
Rensing bewegt sich regelmäßig auf Wochenendveranstaltungen, bereitet Events vor, liest Manuskripte und koordiniert Termine. “Oft hat man keine Zeit Urlaub zu nehmen”, stellt Rensing fest. Aber das ist ihm auch nicht so wichtig; immerhin macht er diesen Job unglaublich gerne. Geforderte Eigenschaften: Eine gute Schreibe, Organisationstalent und das Verständnis der PR als Dienstleister für den Verlag.
Nach dieser unterhaltsamen und aufschlussreichen Podiumsdikussion bekommt man glatt selbst Lust, sich in die Arbeit zu stürzen. Dann mal los!
Claire Briatore