Verlagsgesellschaft MadsackIn der Abenddämmerung des 30. März versammeln sich vor dem  in Hannover-Kirchrode 20 Junge Verlagsmenschen. Gespannt warten sie auf das erste große Stammtisch-Event: ­ eine Führung durch das Druckhaus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ).

Neugierige Blicke schweifen durch den weitläufigen Gästeempfang in der Eingangshalle. Die Jungen Verlagsmenschen haben am langen, ovalen Tisch Platz genommen und folgen aufmerksam den Worten von Betriebsführer Nicolas Sempff, diesen Abend auch für die Druckereiführung zuständig: „Ich freue mich, dass so viele Vertreter aus so vielen Verlagen dabei sind!“ Für die meisten Teilnehmer aus der bunt gemischten Gruppe, die aus dem Göttinger Hogrefe Verlag, dem Braunschweiger Westermann Verlag, dem Hildesheimer Georg Olms Verlag und den beiden hannoverschen Verlagen Vincentz Network und Heise Mediengruppe besteht, ist die Herstellung einer Tageszeitung noch Neuland. Ein kurzer Einführungsfilm verschafft nach der Begrüßung einen Einblick in die einzelnen Tätigkeitsgebiete der Verlagsgesellschaft Madsack und wirft Gesprächsstoff für die anschließende Fragerunde auf.

„So, der Kollege aus dem Newsroom sagt, wir können kommen.“ Mit einem flüchtigen Blick auf die Uhr verteilt Nicolas Sempff an jeden Besucher einen Kopfhörer, „für später, wenn wir in die Druckplattenherstellung und die Rotation gehen, da wird’s laut!“.

Drei Aufzüge bringen die Teilnehmer in den sechsten Stock, direkt in den HAZ-Newsroom, auch die „Schaltzentrale“ der Redaktion genannt. Hier wartet bereits der Leiter des Newsrooms Jörg Kallmeyer, Nachrichtenchef der HAZ, um den Wissbegierigen Rede und Antwort zu stehen. Jörg Kallmeyer selbst steht vor einer riesigen Wand aus Monitoren, die die staunenden Blicke der Besucher in dem rund 300 Quadratmeter hellen und offenen Raum auf sich ziehen. Auf jedem Bildschirm ist eine Seite der morgen erscheinenden HAZ zu sehen. Immer wieder verrät ein kurzes Flackern des Bildschirms eine Veränderung im Layout, etwa einen neuen Bildschnitt oder eine neue Textlänge. „Hier im Newsroom laufen sämtliche Stränge der Zeitungsproduktion zusammen. Chefredakteur und Ressortleiter konzipieren die Struktur der aktuellen Ausgabe, und die Redakteure am Newsdesk werten die Nachrichtenlage aus und verarbeiten sie weiter. Sie stehen in ständigem Kontakt zum Layout und den Onlinekollegen. Das ermöglicht uns einen schnellen Informationsfluss“, erklärt Jörg Kallmeyer.

Was passiert nun mit den Seiten, die fertig gestaltet, redigiert, korrigiert und somit „druckreif“ sind? Mit den Aufzügen folgt die Gruppe dem Produktionsweg zur nächsten Stufe: die Druckplattenherstellung. Nicolas Sempff führt sie durch einen langen Korridor, der stark an den Rundgang in einem historischen Museum erinnert. An den grauen Wänden hängen alte Bilder und Dokumente aus den Anfängen des Buchdrucks, in Vitrinen schimmern Lettern aus dem Bleisatz von früher. Vor dem Belichtungsraum verharrt die Gruppe einen Moment. Nicolas Sempff hat eine Aluminiumplatte aus einer der CTP (Computer to Plate)-Anlagen im Raum geholt und hält das wabbelige Material in die Höhe: „Was früher auf Papier oder Film belichtet wurde, wird heute mit einem Laserstrahl in wenigen Sekunden auf so einer Platte verewigt. Und für jede Zeitungsseite gibt es vier Druckplatten!“ Ganz schön verschwenderisch, könnte man jetzt denken, doch schon bei der nächsten Station werden die Teilnehmer der HAZ-Betriebsführung eines Besseren belehrt.

„Die belichteten Druckplatten werden auf die Druckzylinder der Maschinen gespannt und durch ein Walzensystem mit Wasser befeuchtet“, erklärt Nicolas Sempff. Seine Stimme wirkt etwas mechanisch durch die Kopfhörer, ohne die er in der Rotation nicht zu verstehen wäre. Ein hervorragender Blick von oben auf die Druckmaschine lässt erkennen, dass an den Druckzylindern die Druckplatte jeweils mit einer der vier Grundfarben Cyan, Magenta, Yellow, Black (CMYK) eingefärbt wird, immer an den Stellen, die der Laser in der Belichtung gehärtet hat. Ein Gummituch übernimmt den Transport der Farbe auf das Papier, da das Papier durch seine raue Fläche beim direkten Druck die Aluminiumplatte beschädigen würde. „Bei voller Geschwindigkeit können wir 70.000 Zeitungen pro Stunde drucken!“, erzählt Nicolas Sempff stolz.

Über den Köpfen der Jungen Verlagsmenschen schweben die druckfrischen Zeitungsexemplare an einer Förderkette wie eine lange Schuppenreihe direkt in den Versand. „Gleich werden Sie Zeuge, wie Zeitung und Beilage miteinander verheiratet werden“, witzelt Nicolas Sempff. Kaum hat er die Worte ausgesprochen, wird die eintreffende Zeitungskarawane auch schon in eine Einsteckmaschine geleitet. Blitzschnell spreizt sich die Zeitung einmal auf, und von oben fällt aus einer anderen Förderkette eine bereits vorher angelieferte Prospekt-Beilage in die Lücke. Fertig ist das Produkt.

Nach so vielen neuen Eindrücken darf das haptische Vergnügen für Printliebhaber natürlich nicht fehlen. „Damit Sie heute schon wissen, was morgen in der Zeitung steht“, lacht Nicolas Sempff und teilt eine maschinenwarme Ausgabe der HAZ und der Neuen Presse an jeden in der Gruppe aus.

Stephan Brünig