Alljährlich finden die Buchtage statt, so auch in diesem Jahr: Am 12. und 13. Juni kam die Buch- und Verlagsbranche im Berliner Ellington Hotel zusammen. Mitglieder des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels diskutierten über den „Kunden von morgen“ und die „Strategien für die Zukunft des Buches“ vor dem Hintergrund des Käuferschwunds innerhalb der Branche. Zudem stand die 194. Mitgliederversammlung des Börsenvereins an.

Neben den Buchtagen fand zum zehnten Mal das Nachwuchsparlament statt: Am Veranstaltungsformat für die Nachwuchskräfte nahmen 100 Auszubildende, Studierende und Berufseinsteiger aus Verlag und Buchhandel teil.

Das Programm startete bereits am Montag, dem 11. Juni, im Ellington Hotel. Ellen Voráč, Senior Content Manager Audiobooks bei Deezer, gab Einblicke über den Vertrieb von Hörbüchern bei dem Streaminganbieter. Verlage könnten dort durchaus zusätzliche Umsätze erzielen. Besonders für Backlist-Titel und Longseller sei das Geschäftsmodell attraktiv. Allerdings seien die Verlage hier häufig noch uninformiert und vorsichtig bei dem Zugänglichmachen ihrer Titel bei Deezer und Co. Es könnten dadurch jedoch, so Voráč, neue Zielgruppen erreicht werden, die Titel der Verlage eine höhere Sichtbarkeit erreichen.

(c) Lisa Ebelt

In der Key-Note des Nachwuchsparlaments ging es bereits um ein digitales Thema. Und das sollte so weitergehen. Zusammen mit Sofia-Tamara Fischer (Booktuberin und Auszubildende bei Thalia) und Bernhard Fetsch (Geschäftsführung Vertrieb und Marketing, Droemer Knaur) diskutierte Voráč über das Thema der diesjährigen Buchtage: den Kunden von morgen. Es wurde deutlich, dass das Lesen als Freizeitbeschäftigung unter der jungen Zielgruppe nicht komplett von der Bildfläche verschwunden ist. Die Booktuberin berichtete ganz im Gegenteil von einer Szene, die vorwiegend gedruckte Bücher liest und für die das Bücherregal das Aushängeschild dieser Leidenschaft ist. Für E-Books sei hier wenig Platz. Statt digitaler Produkte werden aber durchaus digitale Kommunikationskanäle genutzt: Vor allem Youtube und Instagram seien Wege, über die sich die Community austauscht. Ihr YouTube-Kanal „tami“ wird beispielsweise von über 17.000 Fans verfolgt, auf Instagram folgen der Buchhändlerin mehr als 8.000 überwiegend junge Leser. Viele Nachwuchskräfte sehen hier ein großes Potenzial für Buchhandel und Verlage, ihre Leser zu erreichen, das noch lange nicht ausgenutzt wird.

Eine Forderung der Buchhändlerin ist ein Zusammenwachsen der einzelnen Marktakteure: Nur wenn sich die Unternehmen als eine Einheit verstünden, könne das Buch als Medium in der Gesellschaft erfolgreich platziert werden.

Viele Publikumsverlage sind bereits permanent dabei, neue attraktive Vertriebs- und Kommunikationskanäle zu bespielen, die ihre Zielgruppen nutzen. „Wenn wir es nicht probieren, werden wir nichts verändern“, so Bernhard Fetsch. Es wurde lebhaft diskutiert – jeder schien verstanden zu haben, dass ohne proaktive Tätigkeiten der Marktteilnehmer keine Änderung in der Verlagslandschaft erwartet werden kann.

Das Nachwuchsparlament zeichnet sich vor allem durch die Mitarbeit der Nachwuchskräfte selbst aus: fünf Arbeitsgemeinschaften boten Workshops an. Die AG E-Book trug den Workshop mit dem provokanten Titel „Ausgeträumt – Ist der Traum vom E-Book vorbei?“ zum Programm bei. Solveig Pobuda, Produktmanagerin bei Aufbau Digital, berichtete vom Gegenteil. Der digitale Umsatzanteil sei eine wichtige Säule im Verlag. Natürlich gebe es bei der Veröffentlichung von E-Books große Unterschiede zum Printprodukt. Andere Inhalte sind erfolgreich, andere Erscheinungszyklen vorhanden. Im Anschluss an ihre Einführung ging es um die Diskussion der Geschäftsmodelle von erfolgreichen Unternehmen im E-Book-Markt: Wattpad, Inkitt und Kindle Unlimited. Es wurde deutlich, dass das digitale Lesen enormen Zulauf bei der jungen Zielgruppe hat – dass die Buchbranche ein sich wandelnder Markt ist, den die Nachwuchskräfte mitgestalten können.

Nach den Workshops konnte man an einer der sechs Exkursionen zu Buchhandlungen und Verlagen teilnehmen. Durch die Exkursionen wurde es möglich, auch die andere Seite der Branche einmal besser kennen zu lernen. Die Teilnahme an der Digital Night bot die Chance, mit den „alten Hasen“ der Branche direkt ins Gespräch zu kommen.

Das gegenseitige Kennenlernen der Buchhändler und Medienkaufleute stand auch am nächsten Tag im Fokus. Die Nachwuchssprecher Cleo Ciba vom Lingen Verlag und Philipp Nawroth von der Buchhandlung Osiander arbeiten daran, einen Austausch dieser beiden Berufsgruppen zu forcieren. Dieses und noch weitere Themen wurden am Dienstagmorgen während der Parlamentssitzung diskutiert. In dieser Runde kann der Nachwuchs darüber diskutieren, was im Rahmen der Hauptversammlung am folgenden Tag an den Börsenverein herangetragen werden soll. Angesprochen wurde unter anderem die Entwicklung des Gütesiegels durch die Jungen Verlagsmenschen, welches die Gestaltung fairer und attraktiver Bedingungen für Volontäre in den Fokus gerückt hat. Außerdem wurde über die Ausgestaltung der Berufsschulinhalte von Buchhändlern diskutiert.

(c) Lisa Ebelt

Die Buch- und Verlagsbranche befindet sich im Umbruch. Dies wurde nicht nur durch die Vorträge im Rahmen des Hauptprogramms der Buchtage deutlich, auch die Programmpunkte des Nachwuchsparlaments zeigten, dass neue Geschäftsmodelle von Nöten sind, um der Abwanderung der Buchkäufer entgegenzuwirken. Schön, dass durch dieses Veranstaltungsformat der Nachwuchs die Möglichkeit bekommt, aktiv an der Branchenentwicklung mitzuwirken.

 

Fotos: (c) Lisa Ebelt

Bericht: Johanna Cantzler