Sie las Donnerstag Nachmittag und danach wurde schnell klar: Hier haben wir es mit einer Favoritin zu tun. „Sie hat es verstanden, Vergangenheit, Märchen und Realismus, Skurriles und Emotionales, Familie und Erotik luftig mit dem Thema Integration zu verknüpfen“, schreibt „Die Presse“ heute Morgen (07.07.2012). Doch wer ist diese Frau, die durch ihren Text „Ich werde sagen: ‚Hi’“ die Jury beeindruckt?
Geboren ist Olga Martynova 1962 in Dudinka. Sie studierte russische Sprache und Literatur in Leningrad und zog 1991 nach Deutschland. Hier lebt sie in Frankfurt am Main. Sie arbeitet als Lyrikerin, Essayistin und Übersetzerin, schreibt auf Russisch und Deutsch.
Besonders an Martynova ist, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Und genau hiermit hebt sie sich ab, direkt beim Vorlesen.
Auch ihr Text steht in einer „slawischen Tradition“, erklärte die Jury. Er sei gespickt mit selbstverständlichem Witz und von Witz, der von Aussparungen lebt. In der Tat ging während der Lesung ab und an Lachen durch die Reihen des Publikums im Studio. Die Jury lobte außerdem die Offenheit und Wirklichkeit des Textes, den Rhythmus, die lockere Sprache und die verschiedenen Erzählmodi. Negative Kritik suchte man bei der Diskussion der Jury vergebens und so steigt die Spannung weiter, ob die von Paul Jandl vorgeschlagene Olga Martynova morgen tatsächlich mit dem Bachmann-Preis nach Hause geht.
Zu wünschen ist es ihr, denn im Gespräch entpuppte sie sich als sympathische und aufgeschlossene Frau. Sie erzählte, dass sie vor ihrer Lesung nicht aufgeregt gewesen sei und dass man als Autor ruhig und gelassen bleiben müsse. Sie ist aber nicht nur als Autorin beim Bachmann-Preis, sondern auch als Zuschauerin. Alle Lesung ihrer Kollegen schaute Olga Martynova vor dem ORF Studio im Garten. Wenn sie heute Nachmittag im Wörthersee schwimmt, sind die Lesungen beendet und alle stellen sich die Frage: Wer bekommt denn nun morgen den Preis?
Helen Carina Schwarzkamp