In einem Artikel von ZEIT-ONLINE vom 08.11.2016 konnte man folgende Einschätzung zur Arbeitsmarktlage von Geisteswissenschaftlern lesen:

„Beispiel Absolventenjahrgang 2005: Nach einem Jahr hatten etwa 90 Prozent der Informatiker und Maschinenbauer und 70 Prozent der Ökonomen, aber nur rund 40 Prozent der Geisteswissenschaftler einen regulären Job. Geisteswissenschaftler fühlen sich zudem überdurchschnittlich häufig unterfordert und verdienen auch schon zu Beginn weniger als ihre ehemaligen Kommilitonen.“.„Die Studiengänge am Institut für Buchwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bereiten die Studierenden auf einschlägige Berufssparten in der Verlags- und Buchhandelsbranche sowie in anderen Medienberufen und Kulturinstitutionen vor“[i]

Aus diesem ernüchternden und wenig hoffnungsvollen Grunde also lud man von der Universität Mainz und der HTWK Leipzig aus ein, auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse mit drei teils ehemaligen Studierenden der Buchwissenschaften über diese Frage zu diskutieren und ein optimistischeres Bild der Öffentlichkeit entgegenzuhalten:

©Axel-Wolfgang Kahl

Katharina und Nina, selbst noch Studierende im Fach Buchwissenschaften von der Universität Mainz, und Robin, Alumni der Universität Frankfurt im Fach Theater-, Film- und Medienwissenschaften (so lautet der Monobachelor). Robin arbeitet bereits als Assistent der Geschäftsführung beim Weissbooks.w.-Verlag.

„Das Leben nach der BuWi“ – Klassischer Berufseinstieg oder alternative Wege?

Wie kamen sie in ihre Berufe? Wie sammelt man am klügsten Erfahrungen, d.h. mit Einblicken und Chancen auf sichere Berufseinstiege im Fach Buchwissenschaften?

Nina und Katharina fanden ihren Weg über die Leipziger Buchmesse zu astikos, einem genossenschaftlich organisierten Verlag. Während ihres Bachelors stellten sie bereits den Kontakt zum Verlag her, warteten aber noch bis zur Fertigstellung der der BA-Arbeit, denn sonst wäre der workload zu groß und die Kenntnisse und Fähigkeiten noch deutlich zu gering ausgebildet gewesen, so beide unisono. Im Verlag gebe es keine strikten Hierarchien, aber dafür eine Einbindung aller MitarbeiterInnen in die verschiedensten Aufgaben. Perfekt natürlich, um einen Buchverlag gründlich kennenzulernen, obwohl auch eine gesteigerte Verantwortung damit einhergeht bei immerhin nur 10 GenossInnen. Doch ohne eine gewisse Spezialisierung und Arbeitsteilung geht es auch in Genossenschaften nicht. So arbeitet Nina in der Herstellung und dem Vertrieb von eBooks mit. Hier könne sie „mal was ausprobieren“, denn bisher sei das Thema noch nicht so erschlossen. Katharina übernahm klassische, administrative Aufgaben im Verlag.

Robin hingegen hat den eher typischen Weg von Buchwissenschaftlern bestritten: Praktikum, Volontariat und dann die Festanstellung. Auch ein kleines Team sei man im Weissbooks.w.-Verlag; neben den Festangestellten gebe es aber auch noch einige zusätzliche externe Mitarbeiter, die je nach Thema und Aufgaben sporadisch bei Projekten mithelfen. Auch Robin betonte, sein Praktikum über die Leipziger Buchmesse erhalten zu haben. Mut müsse man also aufbringen und einfach auf einen Verlag bei solchen Messen zu gehen.

 

„Was liegt auf dem Nachttisch“ – die Frage nach den wichtigen Qualifikationen

In Bewerbungsgesprächen stelle er den Bewerberinnen oftmals eine einfache, aber scheinbar überraschende Frage, so Robin: „Was liegt auf eurem Nachttisch?“ Denn er müsse wissen und im Gespräch erfahren, ob der oder die Gegenüber wirklich eine Leidenschaft für Bücher habe. Ob man „einfach auch so über Bücher plaudern“ könne. Das Bewerbungsgespräch solle eben nicht allein um die Frage nach einem Lektorat (das sei eben nicht alles im Verlagswesen) oder um einschlägige Verlage kreisen, denn davon sei vieles vorausgesetzt. Im Bewerbungsgespräch gehe es vor allem um die Fähigkeit der BewerberInnen, ein vielseitiges Interesse zu beweisen; Begeisterung, Neugierde und der Wille, sich gleichsam in die Arbeit hineinzuknien. Das Verlagswesen ist groß, voller verschiedenster Aufgaben und man müsse eine intrinsische, eine persönliche Neigung haben, sich während der Praktika, der Hospitanten durch all jene Sparten zu arbeiten, ohne daran zu resignieren oder frustriert ob der bisher unerfüllten Wünsche (nach einem Platz als Lektorin etwa) aufzugeben.

Katharina und Nina bestätigen diese Einschätzung und fügen hinzu, dass dadurch viel Freizeit verloren ginge, denn man müsse sich erstmal beweisen; selbst wenn der Beruf, wie in ihrem Beispiel bloß eine Nebenbeschäftigung sei. Praxiserfahrungen während des Studiums sind unerlässlich; das Pflichtpraktikum sei nur eine Kür und weitaus mehr Praktika dann eher die Pflicht. Natürlich sei in Zeiten des Bachelors und Masters weniger Zeit für Experimente vorgesehen, so Robin. Deshalb das ernüchternde Fazit von Katharina: „Intensive Nutzung der Zeit während des Studiums ist unerlässlich!“

 

Axel-Wolfgang Kahl

 

[i]Kirsten, Nadja: „Grund zum Heulen“, in: ZEIT Online, vom 08.11.2016. [https://www.zeit.de/campus/2009/05/geisteswissenschaften-heulen/komplettansicht].