Die alternative Leipziger Buchmesse fand vom 18. bis 20.03.2022 im Werk II statt.
Für Euch haben wir Leif Greinus vom Verlag Voland & Quist interviewt, neben Gunnar Cynybulk vom Kanon Verlag einer der Initiatoren der buchmesse_popup.
2020 wurde eingeführt, dass Ausstellende während der gesamten Leipziger Buchmesse (LBM) ihre Bücher nicht nur ausstellen, sondern auch verkaufen dürfen. Stattgefunden hat die LBM seitdem jedoch nicht.
Wie fühlt sich diese Premiere jetzt auf der buchmesse_popup für Sie an? Kommt da das Messegefühl denn noch auf, wenn es mehr ums Verkaufen geht als ums Ausstellen?
Das stimmt, das ist neu, aber das ist mir auf jeden Fall nicht unbekannt von anderen Messen.
Bei den bisherigen Buchmessen gab es eine »flexible Kasse«, also eine feste Person, die zum Abkassieren in der Messehalle unterwegs war. Dieses Mal kann man direkt auf Impulse des Publikums reagieren und das gefällt mir sehr gut.
Aber die buchmesse_popup ist keine reine Verkaufsmesse. Es sollen also nicht einfach die Vertriebsleute der Verlage Bücher verkaufen, sondern das aktuelle Sortiment wird vom Verlagsteam mit Herzblut ausgestellt.
Auch eine weitere Änderung betrifft die Ausstellungsbedingungen. Normalerweise besteht die Messe aus liebevoll gestalteten Ständen.
Hat sich etwas an der Atmosphäre geändert, da der Aufbau nun dieses Jahr – ausschließlich mit Tischen bestückt – spartanischer ausfällt?
Was dadurch dieses Jahr auf jeden Fall anders ist, ist die demokratischere und gleichberechtigte Präsentation der Bücher. Natürlich haben große Verlage wie beispielsweise Hanser oder Aufbau mehr Tische, aber die meisten Ausstellenden haben einen 2 Meter x 1 Meter großen Tisch bzw. teilen sich einen. Da findet dann auch noch mehr Austausch statt als sonst.
Außerdem sind die Tische höher als bei den üblichen Ständen. Dadurch erhalten die Bücher eine größere Wertigkeit, was zu einer verstärkten Kundenorientierung führt, da sich das Publikum nicht so hinunterbeugen muss.
À propos mehr Austausch: der Rahmen mit nur etwas mehr als 60 Verlagen ist wesentlich kleiner als bei der üblichen LBM mit rund 2.500 Ausstellenden.
Inwiefern wirkt sich das auf die Qualität der Gespräche aus?
Die Gespräche an sich sind persönlich wie immer. Dominiert werden sie dieses Jahr selbstverständlich von den großen Themen Krieg und Coronavirus. Auffällig ist, dass Journalist*innen von sehr weit her angereist sind. Solch ein geballtes Interesse ist schon etwas Besonderes. Das zeigt einerseits, dass Redaktionen wie titel, thesen, temperamente, Aspekte oder die FAZ hierfür ein Budget erhalten haben und andererseits wird der Hunger auf kulturelle Veranstaltungen sehr deutlich. Wir haben diese Buchmesse alle gebraucht!
Warum ist es den Verlagen so wichtig, auszustellen, obwohl es doch mit »Leipzig liest trotzdem« im gleichen Zeitraum eine Art Konkurrenzprogramm gibt?
Wir wollen unbedingt ausstellen! Der Publikumskontakt ist uns enorm wichtig, wir wollen endlich wieder mit unseren Leser*innen ins Gespräch kommen. Das Feedback, das wir dadurch erhalten, ist bestimmt von Zufall, von Spontaneität. Lesungen sind da viel determinierter: Man geht zu einer bestimmten Veranstaltung, weil man genau diese*n Autor*in erleben möchte. Das ist auch schön, aber man lässt sich eben nicht treiben und schaut nicht so leicht über den eigenen Tellerrand.
Ein Blick in die Zukunft: die buchmesse_popup ist nicht als Gegenveranstaltung zur LBM gedacht – vielleicht können aber neue Synergien entstehen. Wie sähe für Sie eine ideale LBM 2023 aus?
Einen Transfer halte ich nicht für möglich. Für eine Prognose ist es gerade aber auch noch zu früh – in ein paar Wochen werde ich die Buchmesse sacken gelassen haben, dann mache ich mir dazu vielleicht Gedanken. Auf jeden Fall soll die buchmesse_popup etwas Einmaliges sein. Wir würden in die Bresche springen, falls es nächstes Jahr wieder notwendig sein sollte, aber wir möchten die große Messe zurück. Auch wenn viele an uns herangetragen haben, dass sie die kleine Messe sehr schätzen: Wir wollen wieder unseren mit viel Mühe gestalteten Stand haben – das geht den anderen Ausstellenden sicher auch so.
Das „Herzblut“ des Interviews kam bei mir an! Gute Fragestellungen bewirken interessante Antworten!