Am Ende der Sommerpause waren wir mit einer kleinen Gruppe Junger Verlagsmenschen zu Besuch in der Lizenzabteilung des Carlsen Verlags. Die Abteilungsleiterin für Rechte & Lizenzen, Daniela Steiner, hat gemeinsam mit ihrer Volontärin Nathalie Wittfoth einen bunten Abend gestaltet, um uns in die Geheimnisse des Lizenzgeschäfts einzuweihen. Dabei hatte sie einige Anekdoten parat, denn die Lizenzwelt ist sehr vielfältig.
Wir haben es uns im Konferenzraum des Carlsen Verlags im schönen Hamburger Stadtteil Ottensen gemütlich gemacht bei Getränken und umgeben von vielen Beispielen für Lizenzausgaben. Der Verlag ist in einem alten Fabrikgebäude untergebracht, wo früher Schrauben hergestellt und zum Hafen gebracht wurden. Gegründet wurde der Verlag 1953 von Per Hjald Carlsen als Tochtergesellschaft des dänischen Illustrationsforlaget/PIB. Angefangen haben sie mit Petzi-Büchern. Seitdem hat sich der Verlag, der heute zur schwedischen Bonnier-Gruppe gehört, immer weiter vergrößert und bietet heute ein vielfältiges Programm in den Bereichen Kinderbuch, Jugendbuch, Comic, Manga, Graphic Novel und Humor. Großen Anteil daran hatten die damals wie heute sehr beliebten Pixi-Bücher, die seit 1954 auf dem Markt sind. Neben Pixi sind vor allem die Marken „Meine Freundin Conni“, „Ritter Rost“ oder „Harry Potter“ jedem ein Begriff.
Doch wie kommen die Bücher und Produkte in den Handel und die Welt? Die Lizenzabteilung spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Daniela Steiner hat uns die Bandbreite anschaulich vor Augen geführt. Grob wird die Abteilung zunächst in zwei Bereiche geteilt, nämlich Inland und Ausland. Die Inlandslizenzen beinhalten die Verwertungskette vom Buch, welches bei Carlsen erscheint, zu Abdrucken in Anthologien, Zeitungen o.Ä.; Filmen oder Theaterstücken; Hörbüchern und Hörspielen bis hin zu buchfernen Markenprodukten wie z.B. einer Kooperation mit HABA. Letztere ist das ausgefallenste Beispiel, welches wir zu Gesicht bekamen. Wir durften z.B. einen Glitzerbecher (sehr beliebt bei den Carlsen-Mitarbeitern und deren Kindern), eine Brotdose, Besteck oder ein Frühstücksbrett mit Conni-Motiven bewundern. Ja, auch so etwas wird in der Lizenzabteilung mit dem Lizenzpartner verhandelt. Daniela und ihr Team, bestehend aus einer Volontärin und einer weiteren Mitarbeiterin, können aber nicht alles selbst machen. Für die Film- und Theaterrechte arbeiten sie beispielsweise oft mit einer Agentur zusammen, die genau auf diese Lizenzen spezialisiert ist und die entsprechenden Kontakte für eine erfolgreiche Zusammenarbeit hat. Doch manchmal ist es gar nicht mal der direkte Kontakt auf der Messe oder bei einem Geschäftstermin, der zu einer Lizenz führt. Ein Beispiel aus der Filmwelt hat Daniela Steiner parat gehabt, wo eine Produzentin auf einer Zugfahrt einem Vater zuhörte, der seiner Tochter aus „Die Schule der magischen Tiere“ vorgelesen hat. Daraufhin hat sie sich Titel und Verlag notiert und sich bei der Lizenzabteilung von Carlsen gemeldet und die Filmrechte optioniert. Wenn aus solch einem Zufall dann am Ende ein Film entsteht, ist das natürlich eine tolle Geschichte.
Doch der zweite Bereich des Lizenzgeschäfts, das Ausland, braucht besonders den persönlichen Kontakt mit den ausländischen Verlagen, um Übersetzungsrechte für die Carlsen-Bücher in alle Welt zu verkaufen. So fahren Daniela und ihre Kollegin Sylvia Schuster regelmäßig nicht nur auf die Buchmessen in Frankfurt, London oder Bologna – hier findet die größte Kinder- und Jugendbuchmesse jedes Jahr im Frühjahr statt – sondern besuchen auch gerne mal die Verlage in den Ländern selbst. Auch weitere Reisen zu den Buchmessen in Taipeh oder Abu Dhabi haben die Lizenzdamen bereits hinter sich. Die Länder haben sie ein wenig unter sich aufgeteilt, zum Teil arbeiten sie mit Subagenturen (z.B. in Asien) zusammen. Die Kenntnis des ausländischen Buchmarktes ist unerlässlich, um dem Kunden perfekt vorbereitet gegenüber zu treten. Da kommt es auch schon einmal zu „Problemen“, wie Daniela aus der Anekdotenkiste erzählte. In Dänemark gibt es z.B. keine Schultüten – ein Buch zum Schulanfang lässt sich also nicht darüber verkaufen, dass bunte Schultüten in der Geschichte präsentiert werden – oder bei einer syrischen Ausgabe eines Pixi-Buches wurde das Schwein zu einem Hund illustriert.
„Conni“ ist eigentlich auch eine sehr deutsche Geschichte. Auf Nachfrage der JVM, wie denn ein blondes Mädchen weltweit so erfolgreich sein kann, antwortet Daniela mit der universellen Themenauswahl. Denn Zähneputzen oder die Uhr lesen gehört nicht nur in Deutschland zum Alltag. Der Verkauf von Lizenzen in die USA ist ähnlich dem Erwachsenenbuch auch im Kinder- und Jugendbuch schwierig. Wenig Erzählbände werden dorthin verkauft, da die Übersetzungen sehr teuer sind. Die Topkunden von Carlsen befinden sich in der Türkei, Ungarn und Polen. Letzteres ist eines der Lieblingsländer von Daniela Steiner, so war sie dieses Jahr beispielsweise auf der Buchmesse in Warschau. Doch als nächstes steht die Frankfurter Buchmesse auf dem Terminplan. Jedes Jahr macht die Lizenzabteilung von Carlsen einen Katalog, mit dem Daniela und ihre Kolleginnen wieder losziehen werden, um im Inland und Ausland neue Lizenzen zu verkaufen.
Auch wenn die Lizenzwelt viel Administration erfordert so tut dies der Faszination und Leidenschaft der Lizenzleute keinen Abbruch. Eine spezielle Ausbildung im juristischen Bereich braucht es übrigens nicht. Die meisten Lizenzmitarbeiter sind Quereinsteiger, wobei ein Seminar zum Urheberrecht o.Ä. nicht schaden kann.
Wir hätten vermutlich mit den Anekdoten noch weitere Stunden füllen können, doch auch der spannendste Abend geht einmal zu Ende. Wer jedoch noch Fragen hat, kann sich jederzeit an Daniela wenden. Sie wird noch die ein oder andere Geschichte auf Lager haben. Schaut einfach hier vorbei: https://www.carlsen.de/lizenzen-rights
Fotos und Text: (c)
Antje Hartmann, JVM Hamburg