Natürlich bietet die Digitalisierung auch im Buchmarkt viele Chancen – hatte man bisher bei gedruckten Büchern ja meist nur die Verkaufszahlen zur Auswertung zur Hand, gibt es im Bereich digitaler eBooks mehr Möglichkeiten, das Verhalten der Leser zu analysieren. Bei eBooks sind natürlich auch die Absatzzahlen von Interesse, aber es lässt sich digital mehr über das Leseverhalten herausfinden als jemals zuvor. Andrew Rhomberg, Gründer von Jellybooks präsentierte im Orbanism Space auf der Frankfurter Buchmesse 2016, in charmantem englisch-österreichischem Akzent sein Unternehmen, mit dem Buchverlage mehr über das Leserverhalten bei neuen Büchern herausfinden können.

Kommt ein Buchverlag auf ihn zu, lädt er 300-400 Leser ein, um das Buch zu lesen. Erfahrungsgemäß beschäftigen sich von diesen dann etwa 150 Leser wirklich mit dem Buch. Für diese kann Jellybooks kann dann neben der genauen Anzahl der Leser feststellen, wie diese lesen, wie viel sie am Stück lesen, wann sie lesen, welche Kapitel sie komplett lesen  – oder ob sie überhaupt lesen bzw. Aufhören zu lesen…

Technische Grundlage von Jellybooks ist dabei Epub3 mit HTML5, CSS3 und Javascript, ergänzt durch eine Trackingsoftware, welche ähnlich ist wie Google Analytics funktioniert. Allerdings werden die Daten auf dem Gerät gespeichert – eine Übermittlung der Daten findet nur mit Bestätigung des Lesers statt. Entweder am Ende des Buches, wenn der Leser fertig gelesen hat. Oder aber, für den Fall, dass dieser eventuell nicht weiterlesen will, am Ende eines Kapitels. Einfach den Knopf betätigen, schon weiß Rhomberg, wie es um den Leser und sein Buch steht. Aufgrund der technischen Rahmenbedingungen ist Jellybooks Lösung bisher nicht auf Tolino und Amazons Kindle lauffähig, dafür aber auf iBooks, vitascource, adobe digital editions, ebook reader, azardi, overdrive und  der Kalenderübersicht, bei d zu vieler Flucinden, ob das Cover den Geschmack der Leser getroffen hat, oder warum ein Leser ic bluefire cloud-reader.

 

Mit den gelieferten Daten können Verlage dann bestimmen, wie sehr sich das Engagement in ein Buch lohnt. Eine Fertig-Lesequote von unter 25 Prozent etwa ist nur bei Nischentiteln für Spezialpublikum noch akzeptabel, 25-50 Prozent gelten als durchschnittlich gut. Einige wenige Titel, etwa 10 Prozent, erreichen sogar eine Quote von 50-75 %. Ist die Kurve der Fertig-Lesequote sehr ausgefranst, sei dies, so Rhomberg, ein sicheres Zeichen dafür, dass die Leser glauben, sie sollten das Buch lesen, es ihnen aber keinen Spaß macht und sie deswegen Kapitel überspringen. In der Kalenderübersicht schließlich lässt sich das Leserverhalten einzelner Leser auf ihrem Gerät untersuchen. In dieser kann Rhomberg sehen, wann der Leser wie viel am Stück gelesen hat und zu welcher Uhrzeit. Bei einem Leser etwa konnte er sehen, dass dieser ein Buch am Stück zwischen Mitternacht und sechs Uhr las. Offenbar eine Nachteule mit einem ungewöhnlichen Tagesablauf, konnte doch eine Zeitverschiebung für die USA ausgeschlossen werden. Auf diese Weise sah Rhomberg auch bestätigt, dass Liebesromane eher schnell, Biographien oder Sachbücher überhaupt eher langsam gelesen werden, Fantasy Novels zwischen ein bis zwei Wochen, bei dicken Wälzern auch schon einmal länger.

Auch generelle Trends in den verschiedenen Kategorien lassen sich hier ablesen: Während Belletristik meist von Anfang bis zum Ende gelesen wird, Einführungen vom Autor aber eher nur von 10-20 Prozent der Leser gelesen werden, sind optionale Kapitel bei Sachbüchern eher wichtig.

 

Auf Wunsch kann Rhomberg auch eine Umfrage am Ende des Buches einbauen lassen. So kann er abfragen, ob den Lesern das Buch gefiel und wenn sie nicht zu Ende gelesen haben, warum das der Fall war. So konnte Rhomberg herausfinden, dass bei einem Buch 20 Prozent der Leser nicht zu Ende gelesen hatten, weil der Autor zu viele Schimpfwörter benutzt hatte. Ob die Leser das Buch weiterempfehlen würden, kann ebenfalls herausgefunden werden. Dies richtet sich nach dem web promoter score, der in den USA von 1-10 geht, in Deutschland auf 1-4 (1=nicht weiterempfehlen, 2=eher nicht weiterempfehlen, 3= eher weiterempfehlen, 4=auf jeden Fall weiterempfehlen). Der Empfehlungsfaktor berechnet sich dann aus den Promotern mit 9 und 10 minus den Detractors mit 1-6. Eine Frage, die aber auch nicht immer ehrlich beantworten wird, wie er weiß, so etwa bei Horror- oder Erotiktiteln. Wird ein Buch von Frauen zwischen 35-40 weiterempfohlen, der anspruchsvollsten Lesergruppe, sind gute Verkäufe quasi schon garantiert. Auch ob die Leser glauben, dass sich ein Buch als Geschenk eignen werde ist ein Teil der Fragen. Genauso, ob das Cover den Geschmack der Leser getroffen hat. „Ein falsches Cover kann ein Buch ruinieren“, so Rhomberg. Deswegen werden A/B Tests mit Covern gemacht, um das Cover zu finden, was beim Leser besser ankommt, um herauszufinden, was es beim Leser verspricht und ob diese Versprechen auch eingelöst werden.

 

Der Basispreis für Reader Analytics ist 490 €, ein A/B Text kostet 250 € extra. Interessierte können sich über die Internetseite auf jellybooks.de als deutscher oder englischer Testleser bewerben.

 

 

Peter Frankemölle