Jörg Thadeusz und Anna Engelke

Jörg Thadeusz und Anna Engelke

Amerika! Weltweit prägen Generationen von hoffnungsvollen Menschen das Bild dieses Landes, in dem alles möglich zu sein scheint. Den amerikanischen Traum, vom Tellerwäscher zum Millionär, kann sich hier angeblich jeder verwirklichen. Doch wie geht es im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wirklich zu?

Wie leben die Menschen dort, was bewegt sie? Dieser Frage gingen die beiden Autoren Jörg Thadeusz und Anna Engelke auf den Grund. In ihrem neuen Buch „Die vereinigten Zutaten von Amerika“, welches auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt wurde, gewähren die beiden tiefe Einblicke in das Leben von 16 Amerikanern.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sechzehn Amerikaner zu porträtieren?
Anna Engelke: Ich bin seit fünf Jahren beim Radio in Washington und habe bereits Hörfunkbeiträge über einige der Menschen erstellt, die auch im Buch vorkommen. Jörg hatte dann die Idee mit der Überschrift „Die vereinigten Zutaten von Amerika“ und wir sind so auf den Gedanken gekommen, dieses Buch zu schreiben und ein paar Amerikaner darin vorzustellen.

Was hat Sie an Ihren Begegnungen mit Amerikanern am meisten überrascht?
Anna Engelke: Die Freundlichkeit. Es ist überraschend, wie nett die Leute dort drüben sind.

Hat sich Ihr Bild von den Amerikanern durch die Recherche für Ihr Buch verändert?
Anna Engelke: Ich war schon 1986/87 für ein Jahr als Austauschschülerin in New Jersey und mag die Amerikaner seitdem sehr gerne. Wenn mein Bild von ihnen sich gewandelt hat, dann nur insofern, als dass ich sie jetzt noch mehr mag!

Wie würden Sie die Lebenseinstellung der Amerikaner in wenigen Worten beschreiben?
Anna Engelke: Für die Amerikaner ist das Glas halbvoll, für die Deutschen dagegen halbleer.

Also sind die Deutschen pessimistischer als die Amerikaner?
Anna Engelke: Auf jeden Fall

Welche Vorurteile hat man in Amerika über uns Deutsche?
Anna Engelke: Wir gelten als humorlos, dafür aber als sehr ordentlich. Und wir sind gute Ingenieure
Jörg Thadeusz: Wobei mir einige Amerikaner sogar gesagt haben, dass sie keine VWs kaufen, weil die Technik ihnen zu kompliziert ist.

Weg von den allgemeinen Vorurteilen und hin zu den Einzelschicksalen. Sie stellen in Ihrem Buch ganz verschiedene Leute vor. Können Sie uns ein Beispiel geben und die Geschichte eines ihrer Protagonisten kurz skizzieren?
Anna Engelke: Da wäre zum Beispiel die Direktorin des Mark-Twain-Museums in Hannibal im Bundesstaat Missouri. Sie ist in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und hatte schon immer den Traum, Mark Twain nahe zu sein. Obwohl niemand daran gedacht hat, dass sie später einmal etwas mit Büchern machen wird, hat sie sich eine Karriere als Museumsdirektorin aufbauen können.

Eine sehr aufbauende Geschichte. Gibt es denn auch negative Erlebnisse, die in Ihrem Buch geschildert werden?
Jörg Thadeusz: Ich habe eine Frau namens Hannah Hawkins interviewt. Ihr Mann wurde erschossen, als sie fünfundzwanzig Jahre alt war. Seitdem hilft sie anderen Leuten, kocht beispielsweise für arme Kinder in Washington. Man darf sie sich aber nicht als „liebe Oma“ oder als Mutter Teresa vorstellen. Eigentlich ist sie eine ziemlich verbitterte, biestige Frau.

Was sollen Ihre Leser aus Ihrem Buch mitnehmen?
Jörg Thadeusz: Wir wollen ein paar Klischees aus dem Weg räumen, obwohl wir diese Klischees in dem Buch nie direkt ansprechen. Trotzdem wollen wir den Vorurteilen über Amerika einfach etwas entgegensetzen. Im günstigsten Fall kennen die Leute sechzehn Personen mehr, nachdem sie „Die vereinigten Zutaten von Amerika“ gelesen habe.

Birthe Kolb