Begrüßt wird man bei der future!publish von einem Roboter, dessen elektronische Stimme durch die Eingangshalle der Urania schallt. Die Mitarbeiterinnen von Literaturtest am Empfang scheinen es schon ein bisschen zu bereuen, dass er da ist. Lächelt man den Roboter aus Unsicherheit an, deutet er das als Zuneigung und fordert eine Umarmung, wobei man sich an seinem eckigen Roboterkopf stößt.

Draußen ist es sonnig, aber auch sehr kalt, alle sind mehr oder weniger erkältet, auch Keynote-Speaker Stephan Porombka, der diesem Umstand aber noch etwas Positives abgewinnen kann: er möge den Klang seiner heiseren Stimme, sagt er zur Beginn.

Folgende Themen begegnen mir auf der future!publish immer wieder: Agiles Arbeiten, Endkundenkommunikation in Verlagen und der Wandel von der Programm- zur Produktorientierung. Das erste Thema wird in zwei Workshops thematisiert, „Agiles Arbeiten“ und „Wie wollen wir arbeiten?“. Die Workshops sind eine Neuerung und durchaus sinnvoll, da sie doppelt so viel Zeit einnehmen wie die 45-minütigen Vorträge und somit Gelegenheit bieten, Themen zu vertiefen. Sowohl bei der Diskussion über Selfpublishing als auch bei der über EDV-Systeme wird die Überzeugung geäußert, dass viele Verlage keine Ahnung haben, wer ihre Kunden eigentlich sind. Und das dritte Thema kommt zur Sprache, als Matthias Matting über die Vorteile referiert, die Selfpublisher gegenüber Verlagen haben: Statt eines Programms mit A-, B- und C-Titeln haben sie nur Spitzentitel, nämlich ihr aktuelles Buch, dem sie ihre volle Aufmerksamkeit widmen. Oder wenn Roland Große Holtforth es als einen Vorteil der Digitalen Vorschau benennt, dass sie Titel aus ihrem Programmkontext heraushebe. Stattdessen seien sie leichter über die Suche nach bestimmten Inhalten zu finden. Das Zusammenfassen von Titeln zu einem Programm sieht er eher als Notlösung, die sich aus dem zeitgleichen Erscheinen ergibt – dem Buchkäufer sei aber das einzelne Buch wichtig, nicht das Programm.

„Das Problem an der future!publish ist, dass ein bisschen wenig Future vorkommt“, diesen Satz habe ich in einer Pause aufgeschnappt. Der Ansatz vieler Vorträge scheint darin zu bestehen, gegenwärtige Missstände anzusprechen, um nach Lösungen für die Zukunft zu suchen: Sei es die mangelnde Gender-Gerechtigkeit in der Branche, die immer gleichen Rituale bei der Vertreterkonferenz, die fehlende Abstimmung zwischen Lektorat und digitaler Produktentwicklung oder die zehn Libri-Kästen voller gedruckter Vorschauen, die bei Buchhandlungen den Laden verstopfen.

Dabei stammen überraschenderweise längst nicht alle vorgeschlagenen Lösungsansätze aus dem digitalen Bereich. Elisabeth Ruge ruft beim Podium zur Gleichstellung noch dazu auf, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, um Frauen flexibleres Arbeiten und somit Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Ursula Rosengarts Alternative zur Programmkonferenz in der großen Vertreterrunde ist aber nicht etwa ein Skype-Gespräch mit einem einzelnen Vertreter, sondern ein Mittagessen oder ein Buchhandlungsbesuch zu zweit. Ralf Alkenbrecher rät im Impulsreferat „Wie man aus Interessenten Kunden macht – ungenutzte Potenziale heben“ kleinen Verlagen dazu, ihren Büchern physische Karten mit Antwortmöglichkeit beizulegen, um an Kundendaten zu kommen. Dabei warnt er vor falscher Scheu: „Sie sind schließlich ein kleiner sympathischer Verlag, keine anonyme Datenkrake.“

„Vielleicht geht es auch gar nicht so sehr um die Vorträge, sondern mehr um die Pausen und die Leute, die man treffen kann“, überlegt bei einem Pausengespräch ein Besucher, der als freier Lektor tätig ist. Diese Einschätzung liegt aber vielleicht auch daran, dass die Vorträge sich überwiegend auf die Arbeit im Verlag beziehen und nicht auf die als Freiberufler. Für den Austausch und neue Kontakte sorgt das Team der future!publish auch durch das gemeinsame Abendessen, bei dem die Tischnummern zugeteilt werden, damit nicht nur Menschen zusammensitzen, die sich ohnehin schon kennen. Nicht nur das Tagesprogramm, auch die Abendgestaltung ist durchdacht. Der Kongress ist vollgepackt mit Impulsen, wenn auch eher für die Gegenwart und nahe Zukunft. Obwohl ich noch nicht in einem Verlag arbeite und sie daher nicht konkret anwenden kann, fühle ich mich nach der future!publish wesentlich besser informiert über die Themen, die im Verlagswesen dieses Jahr wichtig werden könnten.

 

Marcella Melien

 

Vielen Dank an die future!publish für die zur Verfügung gestellten Tickets! Unsere Reporterinnen haben auch fleißig getwittert. Unter #fpbln17 könnt ihr die Veranstaltung nachlesen.