Das Mindestlohngesetz
Am 1. Januar 2015 ist es in Kraft getreten – das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (MiLoG). Für die Arbeitswelt in Deutschland war das ein wichtiger Schritt, doch viele angehende Nachwuchskräfte in der Buchbranche fragen sich, warum sie eigentlich immer noch weniger als die eingeführten 8,50 € pro Stunde verdienen und ob das eigentlich mit rechten Dingen zugeht?
Zunächst einmal lässt sich sagen, dass der Mindestlohn grundsätzlich für alle Verlagsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter gilt, die ein Arbeitsverhältnis eingegangen sind – egal ob sie nur ein paar Stunden als Aushilfe im Verlag jobben oder einen Teilzeit- oder Vollzeitvertrag haben, und auch hier sowohl für befristete als auch unbefristete Verträge. Alle diese Eckpunkte sind letztlich irrelevant für die Festsetzung des Mindestlohns. Kommen wir zu den Knackpunkten – die Volontariate und Praktika. Denn hier beginnen die Ausnahmen zu greifen, welche von der derzeitigen Bundesregierung im Mindestlohngesetz aufgenommen wurden.
Erst einmal die wichtigste Nachricht vorweg: Auch für Praktikantinnen und Praktikanten gilt der Mindestlohn, außer wenn sie (und nun folgend die Ausnahmen im MiLoG)
- ein Praktikum verpflichtend auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten,
- ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,
- ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder
- an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen.
(Auszug aus §22(1) MiLoG)
Das Gesetz definiert den Praktikanten zudem sehr genau:
Praktikantin oder Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.
(Auszug aus §22(1) MiLoG)
Der Praktikant und der Mindestlohn
Ein freiwilliges Verlagspraktikum sollte also begleitend zu einem Studium oder einer Ausbildung absolviert werden oder braucht zumindest einen ausbildenden Charakter. Zudem darf es nicht länger als drei Monate dauern. Wenn es für länger als drei Monate angesetzt ist oder den angesprochenen ausbildenden Charakter vermissen lässt, muss der Verlag den Mindestlohn zahlen, und zwar vom ersten Arbeitstag an. Der Praktikant kann auch nicht freiwillig auf den Mindestlohn verzichten, wenn er beispielsweise lieber vier bis sechs Monate bleiben möchte und eine Bezahlung dafür nicht angeboten würde – er wäre auch in diesem Fall zwingend!
Der Volontär und der Mindestlohn
Für das Volontariat ist die Sache schon etwas schwieriger zu fassen, denn: den Volontär gibt es im Mindestlohngesetz nicht – er ist schlichtweg nicht näher definiert. Das Verlagswesen sieht das Volontariat in der Regel als eine Art von Ausbildung an und somit wenden einige Verlage folgende Ausnahme des MiLoG an:
(3) Von diesem Gesetz nicht geregelt wird die Vergütung von zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie ehrenamtlich Tätigen.
(Auszug aus §22(1) MiLoG)
Sprich: Kein Mindestlohn für Menschen in der Berufsausbildung, da sie in der Regel eine Ausbildungsvergütung erhalten. Paradoxerweise gilt für Auszubildende das Berufsbildungsgesetz (BBiG), welches aber meist für Verlagsvolontäre gar nicht zur Anwendung kommt: Es gibt häufig keinen Ausbilder oder ausreichenden Ausbildungsplan. Selbst wenn ein solcher vorhanden ist, dann ist meist kein Budget für Weiterbildungen vorgesehen, geschweige denn ein Unterricht in einer Berufsschule, die theoretische Grundlagen vermitteln würde. Außerdem sind viele Volontäre mit häufig simplen administrativen Tätigkeiten beschäftigt, die grundsätzlich getan werden müssen, aber wenig Raum lassen, um die eigentlichen Aufgaben in diesem Bereich zu erlernen und zu üben. Oder aber das andere Extrem: Der Volontär ersetzt von Anfang an einen vollen Mitarbeiter, wird gar nicht richtig angelernt und schon gar nicht angemessen bezahlt.
Warum kein Ausbildungsplan für Volontäre der Buchbranche?
Was in der Verlagsbranche fehlt, ist ein übergreifender Ausbildungs- und Vergütungsplan, der die Ausbildung des Nachwuchses im Volontariat mit Vorgaben, Lernzielen und Fortbildungen nicht nur normativ, sondern auch qualitativ regelt. Die Volontäre in Presseverlagen werden schon seit Jahren erfolgreich auf diesem Weg ausgebildet – man fragt sich, warum die naheliegende Branche der Buchverlage eine solche Ausbildung nicht auch anstrebt. Die Vermutung liegt nahe, dass dies rein finanzielle Gründe hat.
Was tun?
Wie können wir eine Verbesserung dieser Situation erreichen? Nun, zunächst ist es aus Sicht der JVM wichtig, innerhalb der Branche aber auch vor allem innerhalb des Nachwuchses ein Bewusstsein zu schaffen, dass wir es an dieser Stelle mit einem Missstand zu tun haben. Ziel muss es aber langfristig sein, dass das Volontariat in die Tarifverträge der Buchbranche aufgenommen wird. Dies hätte sicherlich auch eine Strahlkraft auf die gesamte Branche, auch wenn nicht alle Verlage tarifgebunden sind. Weiterhin müssen wir danach Streben – mit dem Vorbild der Presseverlagsvolontariate – eine qualitativ gute und vernünftig bezahlte allgemeingültige Ausbildungsvereinbarung für Volontäre in Buchverlagen zu erreichen. Nur mit einer solchen übergreifenden Regelung ist eine wirkliche Verbesserung des Volontariats zu erreichen.
SR, AG Nachwuchsrechte