Ville Tietäväien ist ein finnischer Autor, Illustrator und Vater. Früher war er Architekt und das Einzige, was er freiwillig gebaut hat, war ein Puppenhaus für seine Tochter. Denn eigentlich wollte er Geschichten erzählen. Als er einmal einen jungen, fremden Mann sah, fragte er sich, wieso dieser nach Europa gekommen war. Eine ganze Weile ging ihm der junge Mann nicht mehr aus dem Kopf. Das Ergebnis: „Unsichtbare Hände“ – ein Comicroman, in dem es um eine Flüchtlingsfamilie geht, die ein Zuhause in Europa sucht.
Mit dem Thema Flüchtlinge hatte er sich überhaupt nicht auseinandergesetzt. In Finnland ist das kein wichtiges Thema. Als er den jungen Mann schon fast vergessen hatte, fing er an, über Flüchtlinge zu recherchieren. Es sollte nicht nur eine Geschichte werden. Fragen sollten geklärt werden. Schließlich weckte eine archäologische Studie sein Interesse endgültig.
Bereits während dieser Recherche war ihm klar: Es sollte kein Dokumentarfilm werden oder ein rein politisches Produkt. Er stellte seine Recherche ein, denn nun wollte er die mentalen und körperlichen Veränderungen von Flüchtlingen erfahren. Nicht durch Recherche, sondern durch Gespräche mit Menschen, die dies hautnah erlebt hatten. Damit es ein gutes Buch würde, musste er durch die Augen seiner Hauptfigur Rashid sehen können. Um das zu schaffen, gab er der Hauptfigur Rashid Eigenschaften, die er selbst auch hat: Rashid wollte seine Familie versorgen und trotz der Schüchternheit ein guter Mann sein. Das einzig Schwierige war, sich mit der Tatsache anzufreunden, dass Rashid gläubig war.
Rashid ist eine imaginäre Person, die die Meinungen, Schicksale und Aspekte der Flüchtlinge zusammenfasst. Er ist nicht wie bei Asterix & Obelix, deren Charaktere sich nicht verändern. Im Verlauf von „Unsichtbare Hände“ macht Rashid eine riesige Veränderung mit.
Ville wollte seine Meinung aus der Geschichte raushalten. Er wollte der Gesellschaft einfach nur zeigen, was vor ihren Haustüren passiert. Das sollten sie verstehen. Nicht, das es gut oder schlecht ist. Einfach nur wie es ist. Der Plan ging jedoch nicht völlig auf, der Comic wurde politisiert, es ging nicht wie gewollt um Menschen & Gesellschaft, das Thema wurde an Politik geknüpft. Bei den Recherchen wurde ihm gesagt, dass er der Erste sei, der sich für die Flüchtlinge aus Europa richtig interessiert. Aber für Ville war es selbstverständlich. Er wollte es verstehen. Er wollte sie verstehen.
Sorina Lungu