Wir waren bei der Buchpremiere und hörten spannende Gedanken zur Zukunft von Texten, Büchern und Verlagen
Wie lesen wir in Zukunft? Welche Möglichkeiten bietet das digitale Zeitalter den Verlagen und Büchermachern? Wer wird in Zukunft am Entstehungsprozess von Büchern und Lesestoff beteiligt sein? Werden das überhaupt noch Bücher in gedruckter Form sein, oder alles nur noch digital und in elektronischer Form vorliegen?
Diesen und weiteren Fragen gehen Detlef Bluhm als Herausgeber sowie 8 MitautorInnen in dem am 12. März veröffentlichten Buch „Bücherdämmerung – Über die Zukunft der Buchkultur“ auf den Grund.
Mit Spannung erwarteten auch die Jungen Verlagsmenschen die offizielle Vorstellung und Präsentation dieses Bandes am ersten Tag der Leipziger Buchmesse im Berliner Zimmer. Auf dem Podium vertreten waren neben dem Herausgeber und gleichzeitigem Gastgeber in seiner Funktion als Geschäftsführer des Börsenvereins Berlin-Brandenburg Detlef Bluhm, Katja Splichal, Stephan Selle, Volker Oppmann und Elisabeth Ruge. Jeder der Autoren stellte in knapp fünf Minuten Redezeit kurz die Hauptaussagen seines Beitrages im Buch vor. So unterschiedlich wie die Lebensläufe und Positionen der Autoren, so unterschiedlich, die von ihnen bearbeiteten Fragestellungen im Buch. Anschließend wurde auf dem Podium und mit dem Publikum über einzelne Aspekte der Beträge diskutiert.
Hier werden kurz die einprägsamsten der vorgestellten Positionen zusammengefasst:
Stephan Selle wirft die Fragen auf, was all die Buchhändler in Zukunft zu tun haben, wie sie den digitalen Wandel mitgestalten können und welche klassischen Funktionen einer Bibliothek das Internet heute bereits ersetzt. Wie sich die Art des Lesens verändert, aufgrund der vielfältigen neuen Möglichkeiten auf mobilen Endgeräten. Durch die nun nicht mehr vorhandene Einschränkung der technischen Form des Buches, ergeben sich vielfältige Optionen der Textgestaltung. So ist es zum Beispiel denkbar, dass Texte an die persönlichen Daten des Lesers angepasst werden, Aufgrund der Informationen über Standort, Interessen, Alltagsroutinen etc., die ein Gerät über seinen Benutzer sammelt, könnte Literatur zu einem individuellen Erlebnis gemacht werden.
Katja Splichal stellte sich für ihren Beitrag die Frage, wer eigentlich die modernen Content-Produzenten sind. Sie beschreibt anschaulich, dass mit genügend finanziellen Mittel im Hintergrund heute bereits Texte vollautomatisch aus Inhalten, die im Netz verfügbar sind generiert werden können. Und zwar so, dass man nicht mehr erkennen kann, ob der Text von einem Menschen oder einer Software geschrieben wurde. Um dieses spannende aber auch nach verantwortungsbewusstem Umgang schreiende Feld nicht nur den reichen Global Playern der Medienbranche zu überlassen, ruft sie dazu auf, sich frühzeitig für alle Optionen der modernen Content-Produktion zu öffnen. Sie geht davon aus, dass das Digitale in Zukunft Mainstream sein wird und schön gestaltete, gedruckte Bücher in den Liebhabermarkt wechseln werden. Darum appelliert sie an alle Verlage, sich mit der Thematik auseinander zu setzen und sich Geschäftsmodelle für die Zukunft zu überlegen.
Einig sind sich die Autoren darüber, dass der Wandlungsprozess unaufhaltsam ist. Es soll kein Abgesang auf das gedruckte Buch stattfinden, aber alle Beteiligten in der Branche müssten sich klarmachen, dass nicht allein die Übertragung eines Textes ins digitale Format ausreicht, sondern dass es heute viel mehr technische Möglichkeiten gibt, Texte zu gestalten, zu verändern und individuell an den Leser anzupassen. Auch wenn einige angesprochene Themen für so manchen Zuhörer wie sehr ferne Utopien geklungen haben mögen, Katja Splichal fasst die Diskussion am Ende treffend zusammen: „Die Frage ist nicht, was sich verändern wird. Die Erfahrung zeigt alles was möglich ist, wird gemacht. Die Frage ist nur, was wollen wir, wer das macht? Multimilliarden-Dollar Konzerne oder Echte Menschen aus der Verlagsbranche?“ Einfach gesagt: Wenn wir mitgestalten wollen, müssen wir jetzt anfangen.
Andere Beiträge im Buch beschäftigen sich unter anderem mit den Themen „Der Autor im Netz“, dem Urheberrecht, ökonomischen Aspekten des Schreibens als Autor im Internetzeitalter, der Zukunft des Buchhandels oder der aktuellen Entwicklung und Nutzung von Lesegeräten.
Für alle, die sich mit der aktuellen und zukünftigen Entwicklung des Buchmarkts beschäftigen, scheint dieses Buch ein Muss zu sein. In der knapp einstündigen Präsentation und Diskussionsrunde wurden viele spannende Fragen und Visionen aufgerufen, die zum nachdenken anregten. Gerade wir als Branchennachwuchs, können uns hier einbringen und die Medienlandschaft mitgestalten und verändern. Seid offen für neue Ideen und arbeitete aktiv mit an der Zukunft der Buchkultur! Die Messe gibt genug Denkanstöße dazu.
Mehr Informationen zum Buch gibt es hier: https://buecherdaemmerung.wordpress.com/buch/
Erschienen im Verlag Lambert Schneider.
Christiane Geithner