Man muss gar nicht weit in die Ferne schauen, wenn man nach fremden Buchmärkten sucht. Schon die angrenzenden Länder bieten erstaunliche Unterschiede zum deutschen Markt. Bei einer Führung der Verlage der Zukunft in Kooperation mit den Jungen Verlagsmenschen warfen die Teilnehmer einen „Blick auf andere Buchmärkte“.

Dr. Inge Kralupper (© Norsin Tancik)

Dr. Inge Kralupper
(© Norsin Tancik)

Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels war die erste Station der Führung. Dr. Inge Kralupper, die Geschäftsführerin des HVB, erzählte von den Aufgaben des Verbands: Lobbyarbeit zur Preisbindung, dem Urheberrecht, Beratung und Service für die Mitglieder, die ISBN-Vergabe und die Herausgabe der Mitgliederzeitung. Daneben organisiert die HVB die BuchWien, die im November stattfindet und die österreichische Buchwoche abgelöst hat. Besonderes Thema war die Bundesverlagsförderung, die die Vielfalt des Buchprogramms in Österreich finanziell fördert. Die kleinste Förderhöhe für Verlage liegt bei 9.000 Euro, die größte bei 156.000 Euro. Für eine Bewerbung muss der Verlag mindestens seit drei Jahren bestehen und mindestens fünf Bücher im Jahr publizieren. Die Auflagen sind streng: Die Gelder müssen auf das Frühjahrs- und Herbstprogramm und auf Marketing und Vertrieb verteilt und in den Bilanzen dargelegt werden. Ein unabhängiger Beirat entscheidet hier über die Förderhöhe.

Matthias Heinrich (© Norsin Tancik)

Matthias Heinrich
(© Norsin Tancik)

Die Päcklepacker aus dem Schwabenland
Die Verlagsauslieferung Brockhaus Kommission liegt zwar bei Stuttgart, hat aber Kunden im In- und Ausland, was die kleine Exkursion in den Zwischenbuchhandel rechtfertigte. Matthias Heinrich erklärte den Arbeitsalltag. Derzeit hat die Auslieferung 130 Kunden und Waren auf 10.000 Quadratmeter Fläche. Pro Tag werden durchschnittlich 2.500 bis 3.000 Päckchen gepackt – im Sommer mal weniger, zur Weihnachtszeit bis zu 5.000 am Tag. Das sorgt bei den Schwaben für einen Umsatz von 140 Millionen Euro. Seit einem Jahr gibt es bei ihnen die digitale Verlagsauslieferung. Mit E-Books machen sie derzeit einen Umsatz von einem Prozent. Heinrich schätzt, dass es in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf bis zu zehn Prozent ansteigen wird. An mehr glaubt er nicht: „Deutschland ist – anders als die USA – kein Flächenland. Die Wege sind kurz“, erklärte er.

Regula von Bergen (© Norsin Tancik)

Regula von Bergen
(© Norsin Tancik)

Büchergeld vom Scheich in Abu Dabi
Regula von Bergen ist beim Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband verantwortlich für Internationale Buchmessen und präsentiert im Ausland die Bücher von Schweizer Verlagen – zumindest der deutschsprachigen Schweiz. In Frankfurt ist der Stand 300 Quadratmeter groß und 2.500 Bücher haben in den Regalen Platz gefunden. Neben Leipzig und Frankfurt ist sie auch in Wien, Bologna, London, New York und in Abu Dabi unterwegs. Dort ist die Situation ganz besonders: „Der Scheich gibt den Familien 30 bis 40 Schweizer Franken, mit denen sie auf der Buchmesse Bücher einkaufen sollen.“ An sich ist der Schweizer Buchmarkt schon sehr exotisch: Die Märkte hängen nicht zusammen, sodass sich der französischsprachige Teil stark nach Paris und der italienische nach Rom orientiert. Gibt es in der Schweiz einen Bestseller, muss erst definiert werden, in welchem Teil der Schweiz er erfolgreich ist.

Große Runde bei der Führung (© Norsin Tancik)

Große Runde bei der Führung
(© Norsin Tancik)

Bestsellerlisten von E-Books
An der letzten Station zeigte Stefanie Kühs von media control, das E-Books immer mehr an Bedeutung für ihre Firma gewinnen und welche Dienstleistungen für den Buchhandel angeboten werden. media control hat sich am Anfang mit Musik auseinandergesetzt, seit den Achtzigerjahren mit Büchern und heute mit der ganzen Unterhaltungsbranche: Jede Gruppe hat eine eigene Bestseller-Liste, für Bücher sogar jede Warengruppe.

Norsin Tancik

Weitere Messeführungen 2012:
17.10.12 Berufseinstieg in die Verlagsbranche