Wie gelingt der Einstieg in die Buchbranche? Welche verschiedenen Möglichkeiten bieten sich jungen Berufseinsteigern, die alle die Leidenschaft zu Büchern verbindet? In unserem Blog „JVM meet – Dein Weg in die Buchbranche!“ stellen wir euch deshalb in diesem Jahr einige Young Professionals vor, die ihren Weg in die Branche auf unterschiedlichste Weise meistern und zeigen: Viele Wege führen in die Buchbranche!

 

 

Volker Oppmann (42), Gründer von log.os/mojoreads, ist seit Sommer 2017 mit der Plattform mojoreads auf dem Markt, die Community, Shop und Lesesoftware miteinander verbindet. Die 2. Vorsitzende der JVM Britta Fietzke wird in den nächsten Wochen mojoreads testen und euch demnächst im Blog von ihren Erfahrungen berichten.



Mit Blick auf den eigenen Werdegang: Stand für Dich bereits früh fest, dass Du in der Buchbranche arbeiten möchtest?

Überhaupt nicht! Das hat sich eher durch Zufall ergeben. Ich habe Germanistik und Skandinavistik studiert und während andere von Anfang an wussten, dass sie in einen Verlag möchten, bin ich eher durch einen glücklichen Zufall an ein Verlagspraktikum bei Rogner & Bernhard gekommen. Das war die Initialzündung dafür, dass ich etwas mit Büchern machen möchte.

 

Welche einzelnen Schritte hast du ergriffen, um dein berufliches Ziel zu erreichen?

Das klingt so, als hätte ich alles geplant. Dabei war das eher eine Verkettung glücklicher Umstände. Nach dem Initialpraktikum habe ich ganz klassisch ein Volontariat gemacht, zwar immer mit dem Ziel mich selbständig zu machen und einen eigenen Verlag aufzubauen, aber ohne auch nur die geringste Vorstellung von dem zu haben, was ich heute mache. Ich habe dann vor 10 Jahren den Independent-Verlag Onkel & Onkel gegründet, ursprünglich mit einer Mischung aus Illustration und schwarzem Humor. Das lief von Anfang an gut. Als dann das eigene Literaturprogramm dazu kam, habe ich allerdings schnell gemerkt, warum die Kollegen aus anderen Verlagen immer gejammert haben: Das hat sich Null verkauft. Wir hatten bei unserem ersten Titel 150 Vorbesteller und kein Geld, den Titel in den Markt zu drücken. Also mussten wir Nachfrage erzeugen – nur wie?

 

Wie hast du dieses Problem dann gelöst?

Man muss sich vor Augen halten, dass es »damals« – also im Sommer 2008 – noch keine eBooks auf dem deutschen Markt gab. Die hatten Thalia und Libri erst für 2009 angekündigt, um dem deutschen Kindle-Start zuvorzukommen. Auch das iPhone gab es gerade einmal ein halbes Jahr. Aber als dann im Juli 2008 der AppStore online ging, waren da ziemlich schnell englische eBooks Apps dabei, allerdings nicht aus der Branche. Also war die Idee, bereits zur Frankfurter Buchmesse 2008 mit einem eigenen eBook-Programm am Start zu sein – und damit ein halbes Jahr vor den großen Branchenplayern. Das Kalkül: Mit einem derartigen Coup den Sprung in die Presse schaffen und damit auch Nachfrage für unser Print-Programm erzeugen.

 

Und, hat das geklappt?

Ja und nein, zumindest nicht so wie geplant. Wir hatten zwar tolle Presse und innerhalb weniger Wochen über 20.000 Downloads, aber so gut wie keine Print-Verkäufe. Dafür hatten wir plötzlich eine extreme Nachfrage aus dem B2B-Bereich, da auch andere Verlage so eine App wollten. So wurde aus unserem »digitalen Taschenbuchlabel« textunes eine eigene Firma mit ihrer eigenen Erfolgsgeschichte – unabhängig vom Verlag. Und letztendlich führte das dazu, dass Thalia auf uns aufmerksam wurde und uns im Sommer 2011 ein sehr freundliches Übernahmeangebot machte: Wir bekamen die Verantwortung für den digitalen Geschäftsbereich bei Thalia und haben in der Folge das mit aufgebaut, was heute die Tolino-Allianz ist. Nach dem Launch des Tolino im Frühjahr 2013 habe ich Thalia dann verlassen, um mit log.os eine Plattform aufzubauen, die das Buch nicht nur in seiner Rolle als Wirtschaftsgut, sondern auch in seiner Rolle als Kulturgut würdigt – und idealerweise wieder zu einem Leitmedium macht.

 


Welchen Herausforderungen musstest Du dich dabei stellen?

Zum einen den Leuten klarzumachen, dass es in erster Linie weder um Technologie noch ums Geschäft geht, sondern ganz grundlegend darum, wie wir als Gesellschaft kommunizieren. Und dann  natürlich die Finanzierung, da unser Hauptinteresse als Sozialunternehmen ein langfristiger gesellschaftlicher Impact ist, und eine etwaige Rendite lediglich Mittel zum Zweck. Da ist es schwierig, klassische Investoren zu gewinnen, die rein an Kennzahlen und einem frühen Exit interessiert sind.

 

Wir sitzen also sprichwörtlich zwischen den Stühlen: Für Kulturinstitutionen bist du zu wirtschaftlich, für den Kapitalmarkt bist du nicht wirtschaftlich genug.

 

Entsprechend lange hat es gedauert, die nötige Finanzierung auf die Beine zu stellen.

 

Hast Du auf Deinem Weg etwas gelernt, das Du jungen Kolleginnen und Kollegen mit auf den Weg geben willst?

Zwei Sachen: Sich zwischendurch immer wieder die Zeit nehmen, um die klassische Sinnfrage zu stellen: Warum tue ich das? Und macht das, was ich tue, Sinn? Oder verschwende ich meine Zeit damit, an oberflächlichen Symptomen herumzudoktern? Was sind die tieferliegenden Ursachen für den Wandel? Und was ist meine Rolle in diesen Veränderungen?

Der andere Rat ist, dass man sich ein dickes Fell zulegen sollte. Lasst Euch von euren Zielen und Ideen nicht abbringen!

 

Hast Du konkrete Impulse, wie Nachwuchskräfte in schwierigen Situationen selbstbewusster handeln können?

Indem man sich mit der Situation auseinandersetzt. Niemand hat die Weisheit mit Löffeln gefressen, darum muss die Devise lauten:

 

Lebenslanges Lernen! Du darfst nicht darauf warten, dass dir andere etwas zutragen, sondern du musst dich selbst darum kümmern. Wenn du Lücken hast, grab dich rein!

 

Dritter Impuls: Schreck nicht vor Technologie zurück! Du musst nicht programmieren können, um dich mit digitalen Themen auseinandersetzen. Ich kann keine einzige Zeile Programmcode schreiben, arbeite aber dennoch in einem digitalen Umfeld. Aber man muss ja auch nicht alles selbst machen, entscheidend ist das richtige Team – und das richtige Verständnis von dem, was man tut.

 

Gibt es eine Frage, die Du dem Branchennachwuchs stellen möchtest?

Warum tust du das, was du tust? Was treibt dich an? Und was interessiert dich? Darüber musst du dir im Klaren sein. Erst wenn du die Antwort darauf hast, wirst du gut in dem, was du macht. Dabei ist es völlig unerheblich, ob das in der Buchbranche ist oder woanders.

 

Welche weiteren beruflichen Ziele strebst du an?

Das größte Ziel habe ich noch vor mir: log.os / mojoreads im Markt zu etablieren und damit eines schönen Tages vielleicht tatsächlich auch etwas in der Gesellschaft zu verändern. Wir haben den Grundstein gelegt, stehen aber erst ganz am Anfang. Nun müssen wir aus diesem kleinen Pflänzchen ein Ökosystem machen und die Plattform unter die Top drei weltweit bringen – das ist das Ziel.

 

 

Interview: Sabrina Pöhlmann // Berlin