helbling_burrini.jpg-1Am 14. April fand eine gemeinsame Veranstaltung der BücherFrauen Stuttgart und der Jungen Verlagsmenschen Stuttgart in Kooperation mit der Stadtbibliothek statt. Im Café Lesbar fanden sich viele Interessentinnen und Interessenten ein, um einen spannenden Abend zu einem häufig vernachlässigten Thema zu erleben.

Andrea Beck von der Stadtbibliothek begrüßte die beiden Referentinnen Brigitte Helbling und Sarah Burrini und betonte dabei das wachsende Interesse an Comics und Graphic Novels. So würde auch die Stadtbibliothek immer öfter Veranstaltungen dazu anbieten – mit großer Nachfrage. Brigitte Helbling ist eine erfahrende Comic-Journalistin, sie diskutierte mit Comic-Zeichnerin Sarah Burrini über Graphic Novels und die deutsche und internationale Comic-Szene.

Zunächst wurde der Begriff „Graphic Novel“ unter die Lupe genommen. Dieser sei gar nicht leicht zu fassen und werde durchweg für Unterschiedliches verwendet. Von „Comics für Erwachsene“ und „illustrierte Romane“ bis hin zu „Comics in Buchform“ finden sich viele Beispiele. Helbling betont jedoch die Abgeschlossenheit und dramaturgische Aufbereitung von grafisch umgesetzten Romanen bzw. Graphic Novels.

Die Referentinnen sind sich einig, dass der Begriff „Graphic Novel“ den Comic salonfähig gemacht habe. Seit den 1990er-Jahren könne man einen Interessenanstieg beobachten. Comics schafften es so in die Wohnzimmer der kulturellen Mittelschicht, ebenso wie in Feuilletons, Buchhandlungen und renommierte Buchverlage. Das Genre wird somit scheinbar immer ernster genommen – jedoch finanziell lukrativ, das geben die beiden Expertinnen zu, ist es deshalb grundsätzlich trotzdem nicht. Dies sei jedoch von Land zu Land verschieden. In Deutschland sei die Szene recht überschaubar. Dafür sei der gute internationale Austausch ein großes Plus. Die Möglichkeit, in Comic-Zeitschriften zu veröffentlichen und die regelmäßigen Zusammenkünfte auf Comic-Messen sei hierfür besonders wichtig. Die beiden großen deutschen Comic-Zentren seien Berlin und Hamburg. In der Hansestadt gibt es sogar die Möglichkeit, an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) bei der Grande Dame des Genres, Anke Feuchtenberger, zu studieren. Auffallend sei die weibliche Präsenz, auch bei den Großen der Branche, obwohl weithin behauptet wird, dass Frauen gar keine Comicleser seien.

Sarah Burrini ist Mitte Dreißig und gehört trotz ihres Alters schon zu den Erfolgreichsten der Branche. Als gelernte Trickfilmzeichnerin wurde sie durch ihren wöchentlich erscheinenden Webcomic „Das Leben ist kein Ponyhof“ zu einer festen Größe in der Comicszene. Ihre Comic-Strips – Strips seien übrigens „die Königsdisziplin des Comics“ – wurden vor Kurzem in Buchform beim Zwerchfell-Verlag veröffentlicht. Ihr Fokus liegt aber weiterhin auf der Kommunikation im Web. Sie versuche immer neue Möglichkeiten auszuprobieren, sich im Netz zu präsentieren. Dazu gehört das Betreiben einer eigenen Homepage und die Präsenz in sozialen Medien. Außerdem erzählte sie von den noch ausbaufähigen Wegen, mit dem Webauftritt Geld zu verdienen. Hierzu fehlten aber vor allem noch die technischen und organisatorischen Möglichkeiten bzw. passende Plattformen. Sie nutzte schon Crowdfunding und Micro-Payment-Systeme, davon leben könne sie aber nicht. Jedoch: Durch ihre Präsenz und wachsende Bekanntheit komme sie zu ihren Aufträgen als freie Illustratorin. Auch die Buchverkäufe bringen Geld in die Kasse. Vor allem motiviere sie aber das direkte und zumeist positive Feedback von Fans und Followern im Internet. Burrini nutzt bewusst den „Ponyhof“ als Experimentierfläche und probiert sich aus. Neben den Strips sei es ihr Traum, einen längeren Comic zu verfassen.

Angesprochen wurde außerdem die unterschiedlichen Darstellungsarten von webbasierten und gedruckten Comics. Die medialen Möglichkeiten seien eben nicht eins zu eins übertragbar. So sei es zum Beispiel wichtig, dass die Darstellungsmöglichkeiten von Comics mit Motion-Elementen oder sogenannte „infinit canvas“ (unendliche Möglichkeit zu scrollen) auf E-Book-Readern und Tablet-PCs besser werden. Was die Zukunft bringt? Beide Referentinnen sind optimistisch, aber auch realistisch – „es wird sich zeigen“.